TarifverhandlungenWie der Arbeitskampf zwischen Bahn und EVG weitergeht

Viele von uns freuen sich aufs Meer, den Strand, die Berge. Stattdessen könnte es sein, dass wir einen Teil der Ferien bei 35 Grad auf dem Bahnsteig verbringen – weil gestreikt wird. Worauf wir uns einstellen müssen, erklärt Nicolas Lieven.

Nach dem Scheitern der Tarifgespräche zwischen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Bahn stehen die Zeichen auf Streik: "Wir werden jetzt in die Vorbereitung der Urabstimmung gehen, mit allen damit verbundenen Folgen", sagte Gewerkschaftschef Martin Burkert am Donnerstag (22.06.) in Berlin. Die Bahn bezeichnete die Eskalation in den Tarifverhandlungen als "absolut unnötig".

Urabstimmung läuft an, Schlichtung möglich

Eine Lösung per Schlichtung schließt die EVG trotzdem nicht aus: "Wir sind Tag und Nacht gesprächsbereit. Sollte der Arbeitgeber mit einer Schlichtungsforderung an uns herantreten, können wir schnell entscheiden", so Burkert am Freitag (23.06.). In diesem Fall würde ein Mediator nach einem gemeinsamen Kompromiss suchen.

"Die EVG spricht von vier bis fünf Wochen. Sie brauchen 75 Prozent Zustimmung für unbefristete Streiks – und je länger die Urabstimmung geht, desto höher fällt diese in der Regel aus."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Bis die EVG-Mitglieder entschieden haben, ob sie für Streik sind oder nicht, wird es wohl noch dauern, sagt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven. Die EVG spricht von vier bis fünf Wochen. Sie brauchen 75 Prozent Zustimmung – und je länger die Abstimmung geht, desto höher fällt diese in der Regel aus.

Warnstreiks jederzeit möglich

Die schlechte Nachricht: Dass jetzt erst mal Ruhe herrscht, bedeutet das nicht. Zeitnahe Warnstreiks sind praktisch jederzeit möglich. Was das für unsere bereits gebuchten Tickets bedeutet, lässt sich noch nicht sicher sagen. Solange nichts Konkretes angekündigt ist, wird die Bahn auch noch nicht reagieren. Wahrscheinlich ist, dass wir unsere Tickets dann kostenlos umtauschen oder zurückgeben können.

Bei Entschädigungen gilt: Ab einer Stunde verspäteter Ankunft am Zielort bekommt man 25 Prozent wieder, ab zwei Stunden 50 Prozent. Seit Anfang Juni haben wir aber nur noch drei Monate Zeit, um das zu beantragen, früher war das mal ein Jahr. Ganz wichtig: Alle Belege aufheben, auch wenn man zum Beispiel ein Taxi nimmt, weil man dringend einen Flieger kriegen muss oder so.

Einigung noch nicht in Sicht

Über die Zuversicht bei den Verhandlungen habe er sich ein bisschen gewundert, sagt Nicolas Lieven. Es sei zwar über alles Mögliche gesprochen worden, aber nicht über die Entgelterhöhung und nicht über die Laufzeit – also genau über die beiden wichtigsten Punkte.

Die EVG fordert 12 Prozent mehr Lohn und mindestens 650 € im Monat mehr. Die Bahn hat Lohnerhöhungen zwischen acht und 12 Prozent angeboten. Klingt erst mal gut – aber bei der Laufzeit wurde man sich nicht einig: Die EVG will zwölf Monate, die Bahn 24 Monate.

"Ich glaube eher, das geht Richtung Konfrontation."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Der Haken: Der EVG sitzt eine kleinere Gewerkschaft im Nacken, die Gewerkschaft der Lokführer. Beim letzten Tarifabschluss hat diese besser abgeschlossen als die EVG, deshalb musste die EVG noch einmal nachverhandeln – und das will man dieses Mal unbedingt vermeiden.

Nicolas Lieven glaubt daher eher, dass die Verhandlungsführer der EVG diesmal hart bleiben und dass es eher in Richtung Konfrontation geht.