Das TiergesprächAlpenförster mit Federn
Die Zirbelkiefer gilt als Königin unter den Alpenbäumen. Sie widersteht Temperaturen von minus 45 Grad, erreicht ein Alter von über 1000 Jahren und wächst in Höhen bis zu 2400 Metern. Nur bei der Fortpflanzung ist der Baum auf fremde Hilfe angewiesen. Der Tannenhäher sorgt nahezu im Alleingang für die Verbreitung der Zirbelkiefersamen.
Der Tannenhäher gehört zur Familie der Rabenvögel. Er wird etwa 30 Zentimeter groß, hat eine braunweiße Färbung und kommt hauptsächlich in den Alpen vor - in Höhen zwischen 700 und 2500 Metern. Zu seiner Lieblingsnahrung zählen vor allem die Samen von Zirbelkiefern.
"Der Tannenhäher ist nahezu im Alleingang verantwortlich für die Verbreitung der Zirbelkiefersamen"
In den meisten Fällen sorgt der Wind für die Verbreitung der Samen, dafür sind die Zirbelkiefersamen jedoch viel zu schwer. Ohne den Tannenhäher, der die Samen jenseits der jeweiligen Baumzone hinaus verbreitet, würde sich die Zirbelkiefer nur ein wenig talwärts ausbreiten, zum Beispiel durch Lawinen, die ihre Zapfen mitreißen. Forscher schätzen, dass bis zu drei Viertel des Zirbelkiefer-Nachwuchses im Schweizer Engadin exklusiv auf das Konto des Tannenhähers gehen.
Wachstum durch Futterdepots
Im Sommer und Herbst ist der Vogel damit beschäftigt, die ungeheuer nahrhaften Samen aus den Zapfen der Zirbelkiefern zu picken und Futterdepots für den harten Bergwinter anzulegen. In einem Depot befinden sich durchschnittlich drei bis sechs Zirbelnüsse, die der Tannenhäher mit seinem harten Schnabel bis zu fünf Zentimeter tief in den Boden steckt.
Doch nicht jedes angelegte Futterdepot wird vom Tannenhäher auch wieder ausgehoben, erst dadurch können sich die Zirbelbestände ausbreiten und verjüngen. Die Vorteile dabei: die Depots liegen oft an mäßig frostigen, schnee- und windarmen Stellen, an denen der Baum gut auskeimen kann. Da der Tannenhäher die Samen dicht nebeneinander legt, können sich die jungen Bäume gegenseitig vor Wind und Wetter schützen.
Exzellente Gedächtnisleistung des Vogels
Das Auffindungsvermögen des Tannenhähers sucht seinesgleichen. Nach Einschätzungen von Ornithologen findet der Vogel zwischen 80 und 90 Prozent seiner angelegten Verstecke wieder - je nach Häher zwischen 6000 und 30.000 Depots im Umkreis von bis zu 15 Kilometern. Dabei muss der Vogel auch nicht lange suchen. Gezielt fliegt der Tannenhäher auch weit entfernte Verstecke an und findet die vergrabenen Samen unter bis zu 50 Zentimeter dicken Schneedecken.
Tannenhäher und Zirbelkiefer: eine Co-Evolution
Für die Tatsache, dass der Tannenhäher Vorräte anlegt, die seinen Nahrungsbedarf weit übersteigen, haben Forscher eine interessante Hypothese: Offensichtlich hat der Vogel im Laufe der Evolution gelernt, dass er sich im Bergwald nur dann ausreichend von Samen ernähren kann, wenn dort genügend neue Zirbelkiefern nachwachsen. Und da die Zirbelkiefer sich für ihre Fortpflanzung nicht auf den Wind verlassen kann, setzt sie mit vielen Samen auf den Tannenhäher als Verbreiter.