MenstruationsschmerzenIn der Regel frei nehmen
Mitarbeiterinnen, denen es wegen ihrer Periode schlecht geht, sollen zu Hause bleiben dürfen. Das plant ein britisches Start-up. Ein Vorschlag, der dazu beitragen könnte, endlich mal mit dem Tabuthema Menstruation zu brechen.
Der Guardian berichtet, die BBC - das Thema wird in Großbritannien gerade breit diskutiert. Das Unternehmen Coexist aus Bristol hat einer kleinen Zeitung ein Interview gegeben, in dem es hieß, man wolle eine Period Policy einführen. Mitarbeiterinnen, denen es wegen ihrer Periode schlecht geht, sollen zu Hause bleiben dürfen. Das Start-up, das Co-Working-Spaces entwickelt, hat 31 Angestellte - davon 24 Frauen. Chefin Bex Baxter berichtet, sie habe immer wieder Mitarbeiterinnen erlebt, die schreckliche Schmerzen hätten - sich aber nicht trauten, deswegen nach Hause zu gehen, weil: Das mache man irgendwie nicht. Man rede nicht über Regelschmerzen, das sei immer noch ein Tabuthema.
Nicht krank, aber in manchen Fällen unproduktiv
Bex Baxter bezeichnet ihre Kolleginnen mit Periode nicht als krank, aber sie meint: Frauen sind wegen dieser Schmerzen am Arbeitsplatz einfach nicht fit und deswegen auch unproduktiver - gleichen das aber damit aus, dass nach den schmerzhaften Tagen meist überdurchschnittlich produktive Tage kommen. Deswegen sollen sie während ihrer Periode zu Hause bleiben - wenn sie das wollen. In manchen Fällen helfen nämlich nicht mal mehr Schmerztabletten, erklärt DRadio-Wissen-Autorin Tina Kießling. "Wir reden hier von einem relativ geringen Teil der Frauen. Wie viele das sind, ist schwer zu sagen."
"Klar liegt es nahe, zu sagen: Dann nehmt halt 'ne Schmerztablette. Es gibt aber tatsächlich Frauen, die haben so krasse Schmerzen, die können sich kaum bewegen."
Almut Dorn ist Psychologin in Hamburg und beschäftigt sich speziell mit Themen rund um Frauenheilkunde und sie hilft uns dabei, das Problem einzuordnen: "Also es wird immer so eine Zahl genannt, dass 20 Prozent der Frauen unter starken Schmerzen leiden", sagt sie. Und bei den jungen Mädchen, könne es sogar jede zweite sein, die unter starken Schmerzen leiden. Der große Rest von gut 80 Prozent, hätten während ihrer Periode gar keine Beschwerden und seien dann auch nicht unproduktiver.
Weg mit dem Tabu
Es gibt laut BBC Länder, in denen es normal ist, wegen Regelschmerzen zuhause zubleiben - Japan zum Beispiel, Taiwan oder Südkorea. In Deutschland müssen Angestellte normalerweise erst ab drei Fehltagen einen Krankenschein vorlegen, es sei denn, der Arbeitsvertrag sagt explizit was anderes. "Ich vermute, dass auch heute schon viele Frauen wegen Regelschmerzen zu Hause bleiben, aber dann sagen: Ich habe Rückenschmerzen oder Migräne." Worum es bei dem Vorschlag des britischen Start-ups also vor allem geht: ein Tabuthema offen ansprechen.
"Das Ganze ist auch eine feministische Diskussion: Warum ist es okay, Kopfschmerzen als Grund anzugeben, zu Hause zu bleiben, Periodenschmerzen aber nicht?"
Netzaktivistin und Feministin Anke Domscheit-Berg sagt dazu: Den Mitarbeiterinnen freizustellen, bei Regelschmerzen zu Hause zu bleiben und darüber auch offen zu reden - das wäre erst einmal hilfreich und feministisch. Schon allein, weil es dazu beitrage, das Thema Menstruation endlich zu enttabuisieren. Ob es allerdings dem Streben nach Gleichberechtigung diene, da ist sich Anke Domscheit-Berg nicht sicher: Sie könne sich die achselzuckenden Chefs schon vorstellen, die sagen: Frauen wollen in die Führungsetagen, aber einen Tag frei, weil sie menstruieren.
"Ein Unternehmen, in dem Mitarbeiter offen benennen können, warum es ihnen nicht gut geht - das fände ich eine gute Unternehmenskultur. Ich würde das allerdings nicht auf die Periode beschränken."
Wäre eine Regelung, wie sie das britische Start-up Coexist vorsieht, schlecht für die Produktivität? Wenn einige Mitarbeiterinnen regelmäßig ein Mal im Monat wegen Periodenschmerzen zu Hause bleiben? Coexist-Chefin Bex Baxter sagt: Das ist ein Trugschluss - das Gegenteil sei der Fall: Wenn sich Mitarbeiterinnen an ihrem Arbeitsplatz wohl- und ernst genommen fühlten, seien sie am Ende kreativer und effizienter.
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