Syrien und der Westen"Es gibt nur schlechte Lösungen"
Vier Jahre dauert der Bürgerkrieg in Syrien schon an. Eine diplomatische Lösung ist nicht in Sicht. Frankreich hat Luftangriffe gegen IS geflogen. Russland hat Stellungen der syrischen Opposition bombardiert. Doch der Konflikt wird erst dann beendet, wenn alle Beteiligten Gespräche führen und eine politische Kraft entsteht, die Syrien stabilisieren kann, sagt Thomas Jäger.
Was bisher geschah
- Der Westen hat internationale Hilfsorganisationen in und um Syrien finanziell unterstützt
- Die USA hat Programme gestartet, um die syrische Opposition zu bewaffnen und im Kampf gegen Assad zu unterstützen
- nachhaltige diplomatische Hilfe von Seiten des Westens für die Lösung des Konflikts gab es bisher nicht
Der Konflikt
- Die Mehrheit der syrischen Bevölkerung (ca. 74 Prozent) sind sunnitische Muslime, der syrische Präsident Baschar al-Assad zählt zu den Alawiten (ca. 12 Prozent) und damit zur schiitischen Strömung des Islam, dann gibt es noch etwa 2 Prozent schiitische Muslime in Syrien
- Kurden kämpfen im Nordirak und in Teilen Syriens gegen IS und haben im Norden Syriens Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht
- Iran (unterstützt von Russland) und Saudi-Arabien (unterstützt von den USA) kämpfen in Syrien um die Vorherrschaft im Nahen Osten
- Iran (schiitisch) unterstützt die Regierung von Baschar al-Assad, der selbst ein Alawit ist
- Saudi-Arabien (Wahabiten, die zum sunnitischen Islam zählen) unterstützt den sunnitischen Teil der syrischen Bevölkerung
Auf der Karte sieht man, welche Konfliktparteien, wo in Syrien an der Macht sind:
Die verschiedenen Interessen
- Iran und Saudi Arabien kämpfen in Syrien einen Stellvertreterkrieg: sie unterstützen unterschiedliche Gruppierungen in Syrien. Solange das der Fall ist, wird der Konflikt andauern
- die Türkei will verhindern, dass in Syrien ein kurdischer Staat entsteht
"Es ist die Quadratur des Kreises: Saudi-Arabien und Iran kämpfen in Syrien einen Stellvertreterkrieg."
Kein Ende des Konflikts
Eine Ende des Syrienkonflikts kann nicht militärisch herbeigeführt werden, sagt Thomas Jäger. Dafür müssen die wichtigsten Player in dem Konflikt miteinander verhandeln. Dazu gehören: Türkei, Iran, Saudi-Arabien, die USA und Russland. Eine diplomatische Lösung klingt allein wegen all der Beteiligten ziemlich unwahrscheinlich.
Darum finden im Moment vor allem militärische Interventionen statt, sagt Thomas Jäger. Frankreich hat Luftangriffe gegen IS geflogen. Russland will das auch getan haben und hat aber auch syrische Rebellen beschossen, wie diese Karte der New York Times zeigt. Russland unterstützt den syrischen Diktator Baschar al-Assad, mit dem weder die USA noch Europa Gespräche führen möchten. "Diese militärischen Interventionen werden das Land nur weiter destablisieren", sagt Thomas Jäger.
"Wir erleben gerade die nächste Eskalationsstufe, die für den Westen problematisch ist. Die russische Luftwaffe kann angreifen und amerikanische Interessen verletzen, indem ihre Verbündeten bombardiert werden. Die Amerikaner machen nichts."
Sollte Russland mit seinen Militärangriffen Assads Truppen stärken, würde das den Krieg nur noch schlimmer machen, erklärt Thomas Jäger. "Was heißt das für die anderen? Die müssen ihre Verbündeten dann auch aufrüsten? Das würde in einer Eskalationsspirale enden."
Mit oder ohne Assad?
US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident haben sich in New York während der UN-Generalversammlung zu Gesprächen über den Syrienkonflikt getroffen. Dabei ist klar geworden: Unterschiedlicher können die Interessen nicht sein. Putin sieht Assad als rechtmäßigen syrischen Präsidenten und unterstützt ihn. Obama will auf keinen Fall mit Assad verhandeln. Zur Erinnerung: Im Syrienkrieg sind bis jetzt 250.000 Menschen ums Leben gekommen, Assad hat die eigene Bevölkerung mit Chemiewaffen bombardiert, Millionen Menschen sind auf der Flucht. Wenn sich der Westen jetzt auf Gespräche mit Assad einließe, würde er weit über die Grenzen hinausgehen, die er sonst toleriert, sagt Thomas Jäger.
Seiner Meinung nach, ist es jetzt zu spät dafür, mit Assad nach einer Lösung des Syrienkonflikts zu suchen. "Vor vier Jahren wäre das sinnvoll gewesen, bevor all das geschehen ist, was ihn jetzt nicht mehr zum Gesprächspartner macht."
"Wer jetzt mit Assad verhandelt, geht in Menschenrechtsfragen, weit über die Grenzen hinaus, die der Westen normalerweise toleriert."