StudiumWie die 4-Tage-Woche an einer Bochumer Hochschule ankommt
Vier Tage arbeiten, drei Tage frei – klingt erst mal verlockend. Was einige Unternehmen bereits machen, probiert ab dem Wintersemester 2024/2025 auch die Technische Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum aus. Viele finden das gut – es gibt aber auch Kritik.
Auf Vorlesungen am Freitagmorgen um 8 Uhr haben die wenigsten Studierenden Lust, mit denen unsere Reporterin Ann-Kristin Pott gesprochen hat. Sie versuchen, ihre Seminare und Veranstaltungen auf andere Tage zu legen – auch, um einen Tag mehr frei zu haben.
Für Rene ändert sich deshalb gar nicht so viel, hat er uns erzählt:
"Tatsächlich habe ich jetzt schon einen Tag in der Woche, wo ich keine Vorlesung habe. Also wird sich für mich nicht viel ändern."
Dass die 4-Tage-Woche jetzt auch offiziell kommt, hat ihn überrascht, sagt Rene. "Ich habe mich gefragt: Warum? Aber letztendlich stört es mich nicht."
Mehr Flexibilität, mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung und Freizeit
Matti findet die 4-Tage-Woche gut: "Wenn wir einen Tag frei haben, wegen der Vor- und Nachbereitung, wenn man seinen Stoff dann durchkriegt und nicht länger studieren muss, finde ich das ganz angebracht."
Die Idee für die 4-Tage-Woche hatte Ludger Rattmann, Leiter des Wissenschaftsbereichs Georessourcen und Verfahrenstechnik an der THGA. Die kürzere Woche soll den Studierenden mehr Flexibilität geben – sie sollen den freien Tag zum Beispiel für den Nebenjob, für die Freizeit oder eben zur Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen nutzen.
Es muss nicht immer der Freitag sein
Der freie Tag muss übrigens nicht immer der Freitag oder der Montag sein, auch Mittwoch oder Donnerstag kommen zum Beispiel in Frage.
"Wir garantieren, dass ein Tag pro Woche völlig frei von Kontaktveranstaltungen ist."
Bei einem Vollzeitstudium kämen zwischen 20 und 24 Stunden Kontaktveranstaltungen in der Woche zusammen, rechnet Rattmann vor. Verteilt über fünf Tage könnten so manchmal große Lücken zwischen den einzelnen Veranstaltungen entstehen. Einen kompakteren Stundenplan mit weniger Leerlauf zwischendurch hält er für einen Vorteil.
Weniger Leerlauf: Vor- oder Nachteil?
Das kann man allerdings auch anders sehen: "Das Problem, was ich nun sehe: dass dann in den vier Tagen irgendwie die Vorlesungen untergebracht werden müssen", sagt zum Beispiel Timo. Die Tage werden also ganz schön voll, befürchten auch andere Studierende.
"Die Vorlesungen bleiben ja die gleichen und müssen einfach in weniger Tagen durchgezogen werden. Man sitzt dann den ganzen Tag hier."
Die Sorge ist durchaus berechtigt. Denn der Workload, also die Zahl an Veranstaltungen, soll gleich bleiben. Für viele Studierende kann das eine Herausforderung sein, findet Stefan Grob, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks. Statt Entlastung könne das nämlich auch zu einer Belastung führen.
"Ob das wirklich zu einer Ent- oder Belastung führt, hängt auch von der sozialen und wirtschaftlichen Lage jeder und jedes einzelnen Studierenden ab."
Das Problem: Die meisten Studierenden jobben nebenbei. Und manche dieser Nebenjobs lassen sich einfach nicht auf einen Tag oder auf das Wochenende verschieben. Auch eine Kinderbetreuung zu finden, könnte durch die festgelegten Tage schwieriger werden.
Weniger Campusleben
Außerdem ist da noch der Kontakt zu anderen Studierenden, Lehrenden und das Campusleben, die möglicherweise zu kurz kommen, meint Stefan Grob. Er fordert deshalb ganz klar: Was Studierenden hilft, sind nicht weniger Unitage, sondern eine angemessene finanzielle Unterstützung.
"Das Beste ist natürlich, dass die Studierenden über eine ausreichende Studienfinanzierung und eine gute studienbegleitende Beratung verfügen. Und dass sie preisgünstig wohnen können."
Die 4-Tage-Woche an der THGA in Bochum ist erstmal ein Versuch: Vier Jahre lang soll das Modell an der privaten Hochschule getestet werden. Zwischendurch tauschen sich Lehrende und Studierende immer wieder darüber aus, um das Konzept zu verbessern oder anzupassen.