Studieren am NordpolErst mal schießen lernen
Die angehenden Polarwissenschaftler an der nördlichsten Uni der Welt müssen sich nicht nur warm anziehen, sondern erst mal Schießen lernen. In der Arktis regiert der Eisbär - und den gilt es auf Abstand zu halten. Nur wenn es gar nicht anders geht, darf geschossen werden. Ansonsten wird in dem boomenden Wissenschaftszweig geforscht was das Zeug hält.
Das University Center of Svalbard ist die nördlichste Universität der Welt. Sie wird von der norwegischen Regierung finanziert. Statt Studiengebühren zu zahlen, muss hier jeder Studierende zuerst ein sechstägiges Sicherheitstraining durchlaufen - Schießübungen inklusive. Rund 450 Studierende sind hier eingeschrieben. Die Hälfte der Plätze an den Lehrstühlen für Arktische Biologie, Geophysik, Geologie und Technologie sind für Norweger reserviert. Der Rest kommt aus der ganzen Welt. Deutsche Studenten und Gastprofessoren sind auch darunter.
"Es gibt viele Situationen in denen der Eisbär gewinnt. Dann kannst du nur zuschauen wie der Bär auf deinen Kabeln herumkaut."
Die Meeresbiologin Miriam Marquardt kommt aus Kiel. Um winzige Mikroalgen zu erforschen, fuhr sie drei Jahre lang jede Woche mit dem Boot raus in den Fjord. Während der Polarnacht war sie mit dem Schneescooter unterwegs um Proben zu nehmen. "Du hast immer eine Waffe dabei, wenn du auf Tour gehst", erklärt sie. Und ihr Ergebnis: Die Polarnacht lebt. Jedenfalls auf mikrobieller Ebene.
Polarwissenschaften sind populär. Vieles ist in der Arktis noch unerforscht und überall werden Experten gebraucht. Carmen Klausbrückner aus Österreich studiert an der UNIS Ökotoxikologie, auf Spitzbergen untersucht sie die Auswirkungen von globaler Chemikalienverschmutzung auf das arktische Ökosystem. Rohstoffunternehmen haben andere große Interessen an der Forschung an den tauenden Polen: Ihnen geht es um die Entwicklung neuer Fördertechniken im Eis.
"In der Arktis kommt relativ viel Gift an - in extrem hohen Konzentrationen."
Bald sollen 700 Studierende an der kleinen Uni Platz finden, kündigt Dekan Ole Misund stolz an. Für das Örtchen Longyearbyen mit seinen 2000 Einwohnern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Es gibt ein Studentenwohnheim und sogar Kneipen, erzählt Miriam. Ansonsten beschäftigen sie aber andere Probleme als in der Großstadt. Wenn im Supermarkt mal die Milch aus ist, kommt bei schlechtem Wetter so schnell keine neue. Dann gibt es den Kaffee eben schwarz. Das Leben ist irgendwie leichter oben im Eis.