Fake NewsLügen ist einfacher als aufklären
Spätestens seit Donald Trump ist der Begriff "Fake News" zu einem der Schlagwörter unserer Zeit geworden. Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben jetzt selbst Fake News verbreitet.
Dreht sich eine Diskussion in den sozialen Medien um Politik, ist der Vorwurf der Fake News nicht weit – als Argument von sämtlichen Seiten. Um die Zusammenhänge zu untersuchen, haben sich Wissenschaftler der Uni Hohenheim ein Fake-News-Experiment ausgedacht.
"Die Wissenschaftler haben den 'Volksbeobachter' gestartet, ein vermeintliches Nachrichten-Blog und eine Facebook-Seite."
Der "Volksbeobachter" ist angelehnt an den "Völkischen Beobachter", die Zeitung der NSDAP. Zusätzlich haben sie dann noch vier Fake-Profile auf Facebook kreiert. So getarnt sind Professor Wolfgang Schweiger, der Leiter des Experiments, und zwei Mitarbeiterinnen in verschiedene Facebook-Gruppen eingetreten, in denen die Nutzer eine sehr klare – nämlich ablehnende – Haltung Asylsuchenden gegenüber pflegen.
Der "Volksbeobachter"
Über das Blog, die Facebook-Seite, die Profile und dann in den Gruppen wurden dann Fake-News geteilt, insgesamt vier Stück. Hier die Behauptungen:
- ein eritreischer Flüchtling habe einem Deutschen den Job weggeschnappt
- Facebook-Chef Mark Zuckerberg habe sich bei einem Flüchtling für Hetze entschuldigt
- die Grünen hätten das Café Mohrenkopf in "Lemmingsheim" (nicht einmal die Stadt gibt es) umbenennen wollen, weil ihnen der Name missfällt
- das Landratsamt Bad Eulen habe Prostituierte dafür bezahlt, kostenlos für Sex mit Flüchtlingen zur Verfügung zu stehen
"Die Fake News mit dem Gratis-Sex hat sich am besten verbreitet."
Mehr als 11.000 Menschen hat die News erreicht. Laut Wolfgang Schweiger wurden auch relativ wenige Zweifel laut. Es habe zwar ein paar Leute gegeben, die Zweifel an den "Nachrichten" geäußert hätten. Das sei aber eher die Ausnahme gewesen.
11.000 Leute sind jetzt im Facebook-Universum erst mal nicht so viel. Allerdings wurden die Fake News von Nutzern ohne Freunde verbreitet – und von einer Seite, die unter 100 Likes hat, also von einer ziemlich unglaubwürdigen Quelle. Dafür sind 11.000 Likes dann doch schon viel.
Frustrierendes Ergebnis
Das Experiment lief vier Wochen. Danach wurden die unfreiwilligen Versuchsteilnehmer aufgeklärt – über alle Kanäle, die auch vorher benutzt worden waren, um die Fake News zu streuen. Trotzdem hat sich das nicht so verbreitet wie die Nachricht selbst, erzählt Wolfgang Schweiger. Der erwartete Shitstorm blieb aus.
"Diejenigen, die diese Meldungen gelesen und gut gefunden haben, die haben sich überhaupt nicht mehr für das Gegenteil interessiert."
Der Effekt der Richtigstellung war viel geringer als der der ursprünglichen Fake-News. Klingt offensichtlich. Trotzdem: Manche Dinge müssen eben erstmal getestet werden, bevor man die Erkenntnis als gesichert ansehen kann. Dieses Experiment war jetzt ein Versuch in diese Richtung.