Storys aus dem LehrerzimmerWelche Klischees wirklich stimmen
Lehrerzimmer sind phantastische Orte – für Schülerinnen und Schüler. Für Michi und Susi gehören sie zum Arbeitsalltag. Hier sprechen sie darüber, was im Lehrerzimmer eigentlich passiert.
Erste Stunde Musik, eine Doppelstunde Mathe, Deutsch und dann noch Sport. Für Schülerinnen und Schüler verläuft die Schule fast immer nach Plan. Michis Schulalltag ist wegen der Unplanbarkeit spannend, sagt der Lehrer. Er unterrichtet Sport und Deutsch an einer fränkischen Realschule in der Nähe von Nürnberg.
"Oftmals funktioniert die eine Stunde in der einen Klasse super, dann macht man die gleiche Stunde in einer anderen Klasse und es funktioniert gar nicht."
Seine relative Jugend macht es Michi ein bisschen leichter. Er ist Anfang 30, hostet mit Dave zusammen die "Lehranstalt" und sagt: "Als junger Lehrer ist man nah am Publikum. Man versteht die teilweise noch ein bisschen."
Arbeiten unter Beobachtung
Er stehe allerdings unter genauer Beobachtung der Schüler und habe keine Chance sich zu verstellen: "Die Schüler beobachten einen den ganzen Tag. Sobald man denen was vorspielt. Ich habe keine Chance. Man muss sein, wie man wirklich ist."
"Die Schüler sind da auch teilweise grauenvoll, gerade wenn sie einen nicht mögen. Die suchen die Schwächen."
Im Lehrerzimmer gelten eigene Regeln. Eigentlich passieren jeden Tag lustige Dinge dort, findet Michi. Unangenehme Aufgaben bekomme stets, wer nicht beschäftigt genug wirkt. Beamten-Mikado nennt Michi das. Außerdem sitzen Nachwuchskräfte immer recht nah an der Tür, damit sie bei diesem Spiel möglichst häufig verlieren - und öffnen müssen:
Worst-case seien spontane Elterngespräche, kurzfristige Vertretungsstunden und Schülerinnen und Schüler mit komplexeren Notenproblemen. Dabei sei eigentlich das oberste Gebot: "Die Pause ist den Lehrkräften heilig."
So wirklich heilig ist Susi ihre Zeit im Lehrerzimmer nicht. Sie unterrichtet an einem Gymnasium in München und ist im Netz als schulranzenfrau unterwegs. Das Lehrerzimmer ist für sie vor allem ein Ort, indem sie nicht mehr unterrichtet. Für den Unterricht knipst sie den Lehrer in sich an, sagt sie.
"Es ist immer eine Gradwanderung zwischen dem Versuch professionell zu sein und diesem Verzweifelten."
Bevor sie anfing als Lehrerin zu arbeiten, fühlte sie sich durch ihre eigene Schulzeit gut auf den Beruf vorbereitet. Susi sagt: "Man kennt ja Schule. Ich bin 13 Jahre an eine Schule gegangen und dachte mir, ich kenne ja schon alles." Das Ergebnis: "Wenn man auf der anderen Seite steht ist es sehr anders."
Sie versucht es mit Humor
Heute sieht sie sich als eine Mischung aus Entertainerin und Stoffvermittlerin. Sie ist sich sicher, dass Lernen auch mit Humor funktioniert. Eine Überzeugung, die nicht alle ihrer rund 80 Kolleginnen und Kollegen teilen, die mit im Lehrerzimmer sitzen. Ein Raum mit einer ziemlich großen Funktionsvielfalt findet die Lehrerin und sagt: "Das, was man da individuell macht, ist wichtig."
Typischerweise bildeten sich dort Gruppen nach Typen und Fächern: Sportlehrer und Deutschlehrer sortiert sie eher in getrennte Fächer. Was im Lehrerzimmer dann passiert sei ebenfalls eine Typfrage: Für manche sei es ein Arbeitsbereich, für Susi eher nicht. Sie fragt sich: "Wie soll man denn da arbeiten? Da hat jeder so einen halben Quadratmeter Platz."
Außerdem sei es immer irgendwie laut und – Stichwort Beamten-Mikado: "Es kommen immer Leute, die einen Anschlaaag auf einen vorhaben." Man kommt eigentlich zu nichts, findet Susi, bei ihr bleibe noch eine Restprofessionalität. Diejenigen, die im Lehrerzimmer Ruhe suchen, könnten sich allerdings gestört fühlen – denn manchmal wird dort auch über problematische Schülerinnen und Schüler gesprochen.
"Es ist kein böses Lästern. Es ist eher für die psychische Hygiene der Lehrer wichtig."