BildrechteStockfotos: Und plötzlich bist du ein Meme
Auf Stockfoto-Webseiten gibt es Bilder für alles und jede Situation, an der sich alle Menschen und Medien bedienen können. Den Models wird meist erst Jahre später bewusst, in welchen - manchmal auch unpassenden Kontexten - ihre Bilder aufgetaucht sind.
Als der mittlerweile 75-jährige Ungar András Arató vor zehn Jahren eine Anfrage für ein Fotoshooting bekam, konnte er noch nicht ahnen, dass er damit zu einem weltweiten Meme werden würde. Eines der bekanntesten seiner unzähligen Stockfotos: Ein alter Mann sitzt vor einem Laptop, hält eine Kaffeetasse in der Hand und lächelt gequält in die Kamera. Heute gibt es unzählige Memes und András Arató ist vielmehr unter dem Namen "Hide the pain Harold" bekannt, denn oft scheint sein Lächeln etwas gequält zu sein.
In einem Tedtalk erzählt er, dass er anfangs sehr geschockt war, denn viele der Memes waren bösartig oder beleidigend. Am liebsten hätte er alle seine Bilder gelöscht, erzählt er. Doch, dass das keine realistische Lösung war, wurde ihm selbst bald klar. Heute hat er sich mit seiner Berühmtheit fast schon angefreundet. Neben Ted Talks gibt er Interviews, ist sehr aktiv in den sozialen Netzwerken, lässt sich auf der Straße mit seinen Fans fotografieren und taucht in Werbungen für Otto oder Coca Cola auf.
András Aratós Geschichte hat ein Happy End. Andere Models dagegen bereuen es, vor allem, wenn ihre Bilder in politischen oder religiösen Kontexten auftreten, die mit dem ursprünglichen Kontext nur noch wenig zu tun haben. Für Stockfoto-Models ist es deshalb enorm wichtig zu wissen, in welchen Zusammenhängen ihre Bilder auftauchen könnten, bevor sie ihren Vertrag unterschreiben, sagt Dittmar Frohmann von der Stockfoto-Plattform Photocase.
Bilder für jede Situation
Auf Stockfoto-Webseiten laden Fotografen ihre Bilder hoch, die dann wiederum von Kunden beliebig heruntergeladen werden können, um sie für ihre Werbung, ihre Homepage oder andere Zwecke zu benutzen. Manche Bilder gibt es zum Gratis-Download, andere Bilder kosten eine bestimmte Lizenzgebühr.
Die sogenannten Microstockfotografie kam vor 20 Jahren mit dem Start der Firma IStockphoto auf. Damals hatte sich das Internet endgültig durchgesetzt und Firmen auf der ganzen Welt erstellten Webseiten, die mit Bildern gefüllt werden mussten. Gleichzeitig wurde professionelles Kameraequipment immer erschwinglicher, was dazu führte, dass viele Amateurfotografinnen- und fotografen auf den Markt kamen, erzählt Dittmar Frohmann. Eine Folge: Bilder, die früher bis zu Tausende von Mark gekostet hatten, gab es nun für ein paar Dollar.
"Die Fotos haben ein paar Hundert oder ein paar Tausend Mark gekostet, damals. Und als dann Microstock kam, da gab es dann dasselbe Bild für einen Dollar."
Auch für Amateurmodels wurde das Stockfoto-Geschäft attraktiv. So ging es auch Diane Durigon. "Damals war ich jung und brauchte das Geld", erzählt sie. Da kam es ihr sehr gelegen als sie ein Fotograf vor ein paar Jahren fragte, ob sie für ihn für 500 Euro ein paar Stunden modeln möchte.
Nicht genügend informiert
Sie wurde als Hausfrau mit einem rohen Hähnchen in einer Küche abgelichtet. Später schrieben ihr immer wieder Freunde und erzählten ihr, dass sie sie in Magazinen, Lebensmittelzeitungen oder in Werbungen gesehen hätten. Dabei wurde das Hähnchen auch durch andere Lebensmittel wie Bananen ausgetauscht – wie es eben gerade zum Kontext passte.
Für Diane war das sehr überraschend. Sie gibt zu, dass sie sich damals nicht ausreichend damit beschäftigt hatte, was eigentlich wirklich mit ihren Bildern passieren würde. Heute würde sie es nicht mehr machen.
"Das Problem ist, es wird Jahre später noch benutzt, das war der Deal, das hab ich damals nicht verstanden. Das ist jetzt ok, aber das würde ich tatsächlich nie wieder machen."
Vielen Models geht es so, dass sie Jahre später ihre Bilder in den unterschiedlichsten Kontexten wiederfinden und das sehr bereuen:
Kontext-Missbrauch durch AfD
Besonders ernst wird die Lage, wenn es nicht mehr um Lebensmittelwerbung, sondern um Werbung in einem politisch oder religiösen Kontext geht. Beispielsweise hat die AfD vergangenes Jahr für eine politische Kampagne einem dreijährigen Jungen einen dunklen Bart ins Gesicht montiert. Das Bild hatte den Slogan: "Mohammed ist jetzt der beliebteste Vorname!". Dittmar Frohmann von Photocase sieht das kritisch. Denn es gebe bei der Bildnutzung genaueste Richtlinien, in welchem Kontext Bilder erscheinen dürfen und in welchem nicht.
"Es gibt dafür klare rechtliche Vorschriften, die jegliches Nennen in negativem Kontext verbieten oder die verbieten, den Models bestimmte Aussagen in den Mund zu legen."
Die Mutter des Jungen wehrte sich zwar anwaltlich gegen die Nutzung des Bildes durch die AfD, dennoch: Am besten sei es, schon vor Veröffentlichung des Bildes genauestens durchzulesen, für welche Themenkomplexe die Bilder benutzt werden können.
Auf unserem Bild ist das berühmte "Distracted-Boyfriend-Meme" zusehen.
Hinweis: Auch Deutschlandfunk Nova setzt Bilder der Stockfoto-Plattform Photocase ein.