Statt PolitikverdrossenheitWie junge Menschen sich in Parteien einbringen
In einer Partei Mitglied zu werden, ist nicht unbedingt das Knallerthema auf einer Party. Trotzdem gibt es nicht wenige junge Menschen, die politisch etwas bewegen wollen und Teil eines Parteiapparats werden. Was sie erwartet, erklärt Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach.
Bei den Neueintritten in die Parteien sind junge Menschen überrepräsentiert, sagt die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach. Auf die Gesamtmitgliederzahl gesehen sind sie dann aber immer noch unterrepräsentiert, differenziert sie. "Deshalb haben wir auch immer noch den Eindruck, dass die Parteien wenig jugendlich sind", und das sei ein Problem für die Parteien, wenn sie junge Menschen erreichen wollen.
Um als Partei Jüngere anzusprechen, brauche es Identifikationsfiguren, die junge Themen diskutieren. Aber genau diese jungen Gesichter fehlen in den Parteien in Deutschland, erklärt Julia Reuschenbach.
Gesellschaftlich Verantwortung übernehmen
Was bewegt uns, in eine Partei einzutreten, wenn es mehr als nur eine Unterschrift und ein Mitgliedsbeitrag sein soll? Eine Motivation ist, sich ehrenamtlich zu engagieren, interessante Menschen kennenzulernen und mit diesen über spannende Themen zu diskutieren. Aber auch: Verantwortung zu übernehmen und sich für die Gesellschaft zu engagieren. Denn Parteien haben ein zentrale Funktion in unserer Demokratie, betont Julia Reuschenbach. "Sie sind die Institution der politischen Willensbildung".
"Parteiarbeit fängt an der Basis im Orts- oder Kreisverband an."
Als Neumitglied steigen wir erst einmal auf der kommunalen Ebene einer Partei ein. Dort werden Aktionen und Projekte vor Ort diskutiert, organisiert und umgesetzt. Dafür gehen Parteimitglieder dann Plakate kleben oder verteilen Info-Material in Fußgängerzonen. Das heißt, sie müssen bereit sein, viel Zeit für die Partei zu investieren.
Eine wichtige Basisarbeit ist zum Beispiel Kandidaten bei Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen zu unterstützen, Wahlveranstaltungen mitzugestalten, aber auch Gesetzesinitiativen mit voranzutreiben.
Politik als berufliche Karriere
Wer in der Partei beruflich Karriere machen will, muss sich ein Netzwerk innerhalb der Partei aufbauen, erklärt Julia Reuschenbach. Beispielsweise können sich junge Parteimitglieder als Hilfskraft bei einem Abgeordneten oder als wissenschaftliche Mitarbeitende bewerben.
Politisch akiv für bestimmte Themen
Bei Jugendlichen sei politisches Engagement dann beliebter, wenn es unverbindlicher ist, sagt die Politikwissenschaftlerin. Wenn ein politisches Thema eher Projektbezogen oder aktivistischer sei, würden sich junge Menschen eher dafür engagieren, das könne man aus Jugendstudien ablesen. Beispielsweise hätten Fridays for Future oder die Black-Lives-Matter-Bewegung viel Zulauf von jungen Menschen gehabt und sie motivieren können, dafür auch auf die Straße zu gehen.
Mitgliederschwund bei SPD und Unionsparteien
Bei der SPD und den Unionsparteien hat der Mitgliederschwund schon vor Jahren eingesetzt, sagt Julia Reuschenbach. Das habe in erster Linie etwas mit der demographischen Situation der Parteien zu tun. Das Durchschnittsalter der Mitglieder in den Unionsparteien liege bei über 60 Jahren.
"Es sterben einfach mehr Parteimitglieder weg, als neue hinzugewonnen werden."
Eine andere Ursache für Mitgliederschwund war zum Beispiel bei der SPD die Politik der Agenda 2010 und bei der CDU die Migrationspolitik 2015. Der Partei Bündnis 90/Die Grünen sei dagegen gelungen, ihre Mitgliederzahlen seit 2016 sogar zu verdoppeln. Das liege nach Meinung von Julia Reuschenbach am Thema Klimaschutz, das eine hohe gesellschaftliche Relevanz habe und für das die anderen Parteien weitaus weniger eingetreten seien als die Grünen.
"Wenn ein Thema stark polarisiert, das sehen wir in der Geschichte, dann treten besonders viele Menschen einer Partei bei."