ChancengleichheitStarthilfe ins Leben: Was 20.000 Euro ändern könnten
Wie wäre es, wenn alle Menschen in Deutschland mit 18 oder 21 Jahren einmalig 20.000 Euro bekommen würden? Würde das alles ändern oder vielleicht auch gar nichts? Deutschlandfunk-Nova-Reporter Cedrik Pelka hat mit jungen Menschen darüber gesprochen.
Jeder junge Mensch – ohne Ausnahme – sollte in Deutschland einmalig 20.000 Euro nach dem Abschluss der Berufsqualifikation oder spätestens mit dem 21. Lebensjahr erhalten. Das schlägt Marcel Fratzscher vor, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Er nennt es "Lebenschancenerbe". Junge Menschen sollten damit alle die gleichen Startmöglichkeiten haben, um ihr Leben so gestalten zu können, wie sie es sich vorstellen.
"Etwas zu bekommen ist ja ein riesiges Glück, weil es Menschen Möglichkeiten, Chancen eröffnet. Es eröffnet eine Autonomie. Jeder kann sich überlegen: Was würde ich mit den 20.000 Euro machen?"
Unser Wirtschaftssystem sei heutzutage so schnelllebig, dass es für junge Menschen nicht einfach sei, noch mithalten zu können. 20.000 Euro bieten dagegen viel Sicherheit und gleichzeitig viel Freiheit, sagt Marcel Fratzscher.
Beispielsweise könnte es dabei helfen, einen Job, der einem am Herzen liegt, aber nicht gut bezahlt ist, trotzdem weiterzumachen. Andere könnten damit die Chance haben, sich selbstständig zu machen oder sich eine Auszeit zu nehmen, um beispielsweise Angehörige zu pflegen.
Wenn Geld keine Rolle mehr spielt
Für Berfin Yildirim aus Essen wäre vieles deutlich einfacher mit 20.000 Euro mehr auf dem Konto. Die 20-Jährige steht vor dem Abitur und arbeitet nebenbei in einer Tankstelle. Genug Geld, um auszuziehen und alleine leben zu können, hat sie dennoch nicht. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, einmal in den Urlaub fahren zu können. Außerdem bleibe ihr durch den Nebenjob nicht mehr so viel Zeit zum Lernen übrig, erzählt sie.
"Ich mache jetzt Abi und verdiene nebenbei an einer Tankstelle mein Geld. Ich kann halt mehr lernen, wenn ich nebenbei nicht arbeiten würde."
Connor ist 25 – er hätte es mit einer finanziellen Starthilfe ins Leben auch leichter gehabt. Dass er schwarz Geld verdienen musste, viel Mist gebaut hat und schon mit Mitte 20 Schulden abbezahlen muss – das wäre nicht passiert, wenn er die finanziellen Mittel gehabt hätte, sagt er.
"Ich habe auch viel Scheiße gemacht, ein bisschen Patte schwarz verdient. 100 Prozent wäre das nicht so gewesen, wenn jemand gesagt hätte: Du kriegst jetzt einen Brief und da steht drauf, Connor, mein Freund, du kriegst 20.000 Euro."
Träume verwirklichen
Bei anderen scheitern die Träume, weil das Startkapital für die Selbstständigkeit fehlt. So ging es Negin Hooshyar, die heute 25 Jahre alt ist. Hätte sie 20.000 Euro zur Verfügung, würde sie ein kleines Geschäft aufmachen – ganz egal was, Hauptsache etwas Eigenes. Jetzt wartete sie stattdessen auf den Start ihres Zahnmedizin-Studiums.
Geld kann nicht alle Probleme lösen
Alle jungen Menschen, die Deutschlandfunk-Nova-Reporter Cedrik Pelka in Essen trifft, denken aber nicht nur über das "Was wäre gewesen, wenn" nach, sondern auch über die Zukunft. Connor ist sich beispielsweise sicher, dass er das Geld nicht sofort auf einmal ausgeben würde, sondern mit den 20.00 Euro etwas auf die Beine stellen würde.
"Wenn mir mein eigenes Land, wo ich groß geworden bin, so eine Möglichkeit irgendwie eröffnen würde, würde ich sie so hart nutzen und safe mit diesen 20.000 Euro irgendetwas versuchen auf die Beine zu stellen."
Außerdem: So viel 20.000 erst mal klingen, vermutlich reichen sie derzeit gerade mal für 1,5 Jahre Miete, Lebensmittel und Versicherungen, sagt Cedrik Pelka. Und: Geld kann nicht alle Probleme lösen. Nidâ Tonyali, die mit ihrer türkischen Migrationsgeschichte in Deutschland immer wieder Probleme hat, tut sich schwer mit dem Gedanken, das Geld daran irgendetwas ändern könnte.
"Es ist keine Lösung, den Leuten Geld zu geben und zu sagen: Ihr habt jetzt drei Jahre, um euch zu finden. Weil diese 20.000 Euro mein Leben im Finanziellen natürlich erleichtern, aber im restlichen Aspekten nicht so."
Auch Marcel Fratzscher ist sich bewusst, dass Geld nicht die "Patentlösung" für alle Probleme der jungen Menschen in Deutschland ist. Aber da gerade in der Pandemie die Interessen junger Menschen so stark vernachlässigt wurden, sei es erst recht Zeit, ihnen wieder mehr Perspektiven für die Zukunft zu schenken.