GesichtserkennungUS-Firma sammelt drei Milliarden private Fotos im Netz
In Deutschland wird die Gesichtserkennung offiziell nur an wenigen Orten eingesetzt. Die Bundespolizei nutzt sie beispielsweise. In den USA ist das anders. 2019 haben dort über 600 Behörden eine Software zur Gesichtserkennung benutzt. Die Fotos kommen von dem Unternehmen Clearview, das bislang niemand auf dem Schirm hatte.
Clearview ist ein Unternehmen aus den USA, das eine Software zur Gesichtserkennung entwickelt hat, die zurzeit für Aufregung sorgt. Bei Recherchen ist die Tageszeitung New York Times auf die Firma gestoßen. Laut der US-Zeitung hat Clearview die größte Gesichtserkennung-Foto-Datenbank der Welt erschaffen - mit drei Milliarden Fotos. Die New York Times schreibt dazu: "Das geht über alles hinaus, was bisher von US-Behörden oder anderen, großen Unternehmen aus dem Silicon Valley entwickelt wurde."
Massenhaft Fotos im Netz abgefischt
Clearview bekam die Fotos von öffentlichen sowie halb-öffentlichen Plattformen wie Facebook, Youtube, LinkedIn, aber auch von privaten Webseiten, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Konstantin Köhler. Diese Art und Weise, Fotos im Netz zu suchen, nennt sich Scraping: Die Software der Firma hat dabei quasi alle Bilder von Gesichtern gesammelt, die irgendwie im Netz verfügbar und im besten Fall auch mit einem Namen versehen sind. Scraping ist zum Beispiel in den Bestimmungen von Facebook untersagt, genutzt wird die Technik aber dennoch, nicht nur von Clearview.
"Scraping ist in den AGBs von Facebook und Co untersagt, aber gemacht wird es trotzdem."
Zugleich hat Clearview im Hintergrund Kunden gesucht wie örtliche Polizeibehörden, deren Interesse an den Fotos groß ist.
Interessierte Kunden haben Clearview für 30 Tage kostenlos getestet. Viele sind von den Ergebnissen so begeistert, dass sie teils 10.000 Dollar pro Jahr für die Nutzung bezahlen. Für die Polizei kann die Foto-Datenbank von großer Hilfe sein: Sie können so zum Beispiel Straftäter finden, die auf einem Überwachungsvideo zu sehen, aber der Polizei bislang unbekannt sind. Laut New York Times hat die Software bei diversen Fällen zu einer schnellen Aufklärung geführt.
Auch Firmen können die Fotos kaufen
Kritisch ist, dass es eine Software gibt, die Bilder so einfach im Netz sammeln kann. Das heißt, selbst wenn Facebook angibt, das eigene Bild bleibt bei Facebook, stimmt das dann nicht.
Außerdem ist das Risiko groß, dass auch private Unternehmen solche Datenbanken plus Software zur Gesichtserkennung ankaufen können. Firmen könnten dann wissen, wer wann in welcher Shoppingmall einkauft. Es gebe noch viele offene Fragen zur Gesichtserkennung, sagt Konstantin.
"Viele Fragen beim Thema Gesichtserkennung sind noch nicht geklärt."
Die EU-Kommission hat ein mehrjähriges Verbot automatisierter Gesichtserkennungssysteme in der Öffentlichkeit vorgeschlagen, um in dieser Zeit in Ruhe die Chancen und Risiken abzuwägen.