WohnraummangelDas Comeback der Hochhäuser
In deutschen Städten ist der Wohnraum knapp und teuer, und es wird immer schlimmer. Warum dann nicht in die Höhe bauen? Wenn man es richtig macht, dann könnten Hochhäuser die Zukunft des Wohnens sein, meint die Stadtplanerin Christa Reicher.
Hochhaussiedlungen haben einen schlechten Ruf: unpersönlich, runtergekommen, Ghettos für sozial Schwache. Trotzdem denken Städte wieder über Wohn-Hochhäuser nach. Und das ist richtig so, findet Christa Reicher, Stadtplanerin an der Technischen Universität Dortmund.
"Hochhäuser können eine ganz wichtige Antwort auf städtebauliche Entwicklungen sein."
Sie könnten eine wichtige Antwort auf die aktuellen städtebaulichen Herausforderungen sein, sagt sie. Aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen: Reine Wohnhäuser dürften es dann nicht sein. Stattdessen bräuchten wir Hochhäuser, die gemischt genutzt werden.
Die Zukunft des Wohnens: gemischtgenutzte Hochhäuser
Heißt konkret: In einem Hochhaus sollten sich neben Wohnraum auch etwa Geschäfte, Sportangebote, Gemeinschaftseinrichtungen und andere Dienstleistungen finden, etwa eine Betreuung durch einen Hausmeister. Nachbarschaft und Zusammenleben müssten gemanagt werden, so die Stadtplanerin.
"Wenn wir von einer Renaissance des Hochhauses reden, dann reden wir eben nicht mehr über das Wohnhochhaus, sondern wir reden über hybride Formen von Hochhausnutzung."
So – und nur so – kann laut Christa Reicher ein Hochhaus ein "vertikales Dorf im Sinne einer Gemeinschaft" werden. So wie in Alterlaa im Süden Wiens. Christa Reicher hat die Wohnanlage, die in den 70er Jahren gebaut wurde und in der knapp 10.000 Menschen leben, kürzlich besucht und ist begeistert. Für sie ist Alterlaa ein Beispiel für eine perfekte Hochhaussiedlung, die die zwei zentralen Anforderungen an das Wohnen der Zukunft erfülle:
- Komfort im Sinne von Lebensqualität
- Community
Mischnutzung = weniger Risiko für Investoren
Früher habe man nur auf Nachfrage reagiert und auf die ökonomische Rendite geguckt, erklärt die Stadtplanerin am Beispiel von umstrittenen Bürohochhäusern am Berliner Alexanderplatz. Viele Investoren und Immobilienentwickler hätten sich lange Zeit gescheut, über gemischt genutzte Immobilien nachzudenken, weil sie in der Herstellung und Umsetzung wesentlich komplizierter seien. Das drehe sich aber gerade ins Gegenteil: Dieselben Investoren und Immobilienentwickler sagten jetzt, dass gemischte Immobilien viel weniger Risiko darstellen als monofunktional genutzte.
Bei gemischtgenutzten Hochhäuser sollte man sich dann auch mal Gedanken machen, ob nicht auch die eine oder andere Etage kostengünstiger oder sogar geförderter öffentlicher Wohnungsbau sein könne, gibt Reiche zu bedenken.
Wohnhochhäuser zu Unrecht in Verruf
Der schlechte Ruf von Hochhaussiedlungen stamme daher, dass in der Vergangenheit viele nicht zu Ende gebaut worden seien, was die soziale Infrastruktur angeht, etwa erst spät an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen wurden. So entstanden Enklaven mit einer bestimmten sozialen Klientel, erklärt Reiche. Das funktioniere nicht. Aber in Leipzig und anderen Städten im Osten Deutschlands, wo lange über den Abriss von Hochhaussiedlungen diskutiert wurde, könne man mittlerweile sehen, dass diese mit entsprechender Nachrüstung sehr wohl zu attraktiven Quartieren werden können.
Städte: Rückbesinnung auf alte Hochhausplanungen
Deshalb sähen die Städte Hochhäuser heute auch differenzierter als früher. Vielerorts würden alte Pläne wieder hervorgeholt und geprüft. In Freiburg und Düsseldorf beispielsweise, aber auch in Großstädten wie Berlin, Köln oder München würde wieder über solche Konzepte debattiert. Es sei dabei klar: Es geht nicht um ein Entweder-Oder. Hochhäuser seien ein Modell neben anderen, mit denen wir uns befassen müssen, wenn wir den aktuellen Herausforderungen der Städteplanung begegnen wollen.
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