Staatsanwältin Karlotta Stahl"Ich will die Wahrheit herausfinden"
Karlotta Stahl war mit 25 Jahren eine der jüngsten Staatsanwältinnen in Deutschland: Unter Pseudonym erzählt sie von ihren Fällen und gibt einen Einblick in die Gerichtswelt.
"Ich habe einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, diskutiere und streite gerne", sagt Karlotta Stahl, "außerdem bin ich entscheidungsfreudig." Und damit, findet sie, ist sie als Staatsanwältin in einem Job, der gut zu ihrer Persönlichkeit passt.
Auf ihrem Schreibtisch landen Delikte und Straftaten aller Art - von Diebstahl und Körperverletzung über Raub bis hin zu Totschlag und Mord. "Bei solch schwerwiegenden Taten geht man schon angespannt in den Gerichtssaal", erzählt sie. Es ist ihr immer ein Bedürfnis, gut vorbereitet zu sein.
"Ich schnüffele gerne."
"Manche Fälle lassen mich nicht los", berichtet die Staatsanwältin, die mit uns unter einem Pseudonym spricht, das sie sich gegeben hat, um ihre Identität und die Menschen zu schützen, die ihr vor Gericht begegnet sind. In einem Buch hat sie ihre Fälle und ihre Erlebnisse aufgeschrieben. Der Titel: "Verbrechen sind mein Job. Eine junge Staatsanwältin ermittelt."
Einer der Fälle, die sie nicht loslassen, sei der eines LKW-Fahrers: Mit seinem Lastwagen hat er eine ältere Dame überrollt, die daraufhin starb. "Das Verfahren war für alle schwer", erinnert sich die Juristin, "natürlich für die Angehörigen, aber auch für den LKW-Fahrer." Diese Verhandlung sei auch für sie als Staatsanwältin schwer auszuhalten gewesen. "Dabei darf ich im Gericht mit meinen Gefühlen nirgendwo hin. Da konzentriere ich mich auf die Sache", sagt Karlotta Stahl.
Als junge Staatsanwältin wenig ernst genommen
Ursprünglich wollte Karlotta Journalistin werden. Doch sie studierte Jura und ihre Examina waren so gut, dass sie die Chance hatte, bei der Staatsanwaltschaft anzufangen. An ihrem ersten Tag wartete ein Haufen Akten in ihrem Büro, erinnert sie sich. Und das sei nicht das einzige Unerfreuliche gewesen. "Ich bin am Anfang oft nicht ernst genommen oder abgekanzelt worden", sagt die Staatsanwältin. "Oder ich bin gefragt worden, ob ich die Referendarin oder die Praktikantin wäre."
"Du willst nicht mit mir auf der Couch sitzen und Tatort oder Notruf gucken. Weil ich Dir dann erkläre, was die im Fernsehen schon wieder alles falsch machen."
Heute erzählt sie von ihren Fällen, weil sie einen Einblick in den echten Alltag der Justiz geben will. Würde mehr Prävention betrieben werden, meint sie, dann würden vielleicht weniger Fälle auf ihrem Schreibtisch landen.
Im Deep Talk spricht Karlotta Stahl mit Sven Preger über ihre Fälle, über Gerechtigkeit, wie schwierig es manchmal ist, die Wahrheit herauszufinden - und über das Fernsehprogramm.