IdentitätSchimmi, Tini, Schraube: Was Spitznamen über uns aussagen
Männlich oder weiblich? Das lesen wir oft aus Vornamen raus. Bei Kosenamen ist das Geschlecht nebensächlich. Drei Gespräche über Namen und was sie uns bedeuten.
Spitznamen verbinden und zeigen auch eine gewisse Art von Zuneigung, findet Christina – mit Nachnamen Schimmel. Sie hatte eine ganze Reihe von Spitznamen und sagt: "Spitznamen gibt man eher jemandem, den man mag." Manchmal wird sie Schimmi genannt.
In der Kindheit hat sie sich wegen des Trickfilms Aladin den Spitznamen Genie gegeben. Nicht alle Menschen im Umfeld haben das so genau verstanden und daraus ist Tini geworden. Christina sagt: "Ich habe mich immer als Tini vorgestellt."
Abschied von Tini
Schließlich mit Mitte Zwanzig hat sie sich dann zwar selbst von diesem Namen verabschiedet, wenn Tini dann aber doch mal wieder auftaucht, steht der Name für eine Freundschaft, die schon sehr lange besteht.
Für Rio ist es wichtig durch den Namen nicht einem Geschlecht zugeordnet zu werden. Rio hatte schon eine Reihe von Spitznamen. Manche leiten sich von einem Namen ab, der auch das Geschlecht beschreibt, das Rio bei der Geburt zugewiesen wurde: Rios Deadname.
Rio verwendet den Deadname nicht mehr, er muss aber in manchen Formularen und Urkunden noch eingetragen werden, teilweise verwendet Rio ihn auch noch in der Familie. "Ich habe mich noch nicht komplett geoutet", sagt mensch. Rio ist nicht-binär. Mensch, das ist Rios selbstgewähltes Pronomen. Am neuen Namen findet Rio passend, dass Rio auf Spanisch Fluss bedeutet.
"Ich habe ungefähr 30 Namen ausprobiert. Immer weggekreuzt, was nicht gepasst hat. Es war mir einfach wichtig, dass man kein Geschlecht daran messen kann."
Als Rio zum ersten Mal öffentlich mit diesem Namen aufgetreten ist, war die Aufregung schon sehr groß. Die meisten Spitznamen, berichtet Rio, habe mensch von Lehrenden an der Schule bekommen. Insgesamt seien die Unterrichtenden sehr offen, findet Rio.
"Natürlich dürfen Lehrer Spitznamen verwenden. Es wäre nur schön, wenn sie meine Geschlechtsidentität berücksichtigen. Tendenziell bin ich offen für Spitznamen."
Kosenamen sind abhängig vom Umfeld
Damaris Nübling spricht ganz allgemein von inoffiziellen Namen. Sie unterteilt diese in Kosenamen und Spottnamen. Sie ist Sprachwissenschaftlerin und lehrt an der Universität Mainz. Kosenamen unterscheiden sich oft je nach Community: Sportverein, Schule und Freundeskreis können mit anderen Kosenamen verbunden sein. Dabei wird die Beziehung, die der Name markiert, von außen bestimmt.
"Kosenamen haben die Funktion, eine ganz spezifische Beziehung zwischen zwei Personen zu markieren."
Sie weist daraufhin, dass mit bestimmten Namen das Kindheitsstadium verknüpft sein kann – wie bei Christina. Nur manche Erwachsene störten sich nicht daran und fühlen sich dem Kosenamen von früher weiter verbunden.
Insgesamt sei die Vielfalt bei Kosenamen in Paarbeziehungen recht übersichtlich. "Die Verfahren der Verkosung sind eigentlich relativ endlich", sagt Damaris Nübling. Bärchen, Mausi, Schnucki, Liebling seien erstaunlich populär in Paarbeziehungen. Unterm Strich seien diese Kosenamen erstaunlich konstant – zumindest unter den Top-Positionen.
Zwischen Kosenamen und offiziellen Namen gibt es einen Unterschied. In der Regel ist es einem Namen anzuhören, ob er männlich oder weiblich ist. Bei Kosenamen scheine das Geschlecht irrelevant zu sein. Damaris Nübling räumt ein, dass ihr eigener offizieller Name häufig männlich gelesen wird. Das liege an der Endung bei Damaris. Sie sagt: "Wenn mich jemand nicht kennt, werde ich männlich angeschrieben."
"So wie das Geschlecht in jeglichen Beziehungen mit der Zeit an Relevanz abnimmt, so können wir auf namentlicher Ebene sagen, dass Kosenamen erstaunlich geschlechtsindifferent sind."
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