Studie zu SchwangerschaftsabbrüchenAbtreibung: Das soziale Umfeld hat Coras Trauer beeinflusst
Ein Schwangerschaftsabbruch kann ein sehr belastender Eingriff sein. Eine neue Studie aus den USA sagt, dass vor allem die Reaktionen aus dem sozialen Umfeld einen großen Einfluss auf die Frauen haben. Die 33-jährige Cora hat das am eigenen Leib erfahren.
Für die Studie von Forscherinnen der University of California wurden 667 Frauen fünf Jahre lang nach ihrem Eingriff begleitet. Nach diesen fünf Jahren sagten 95 Prozent dieser Frauen: Die Entscheidung zur Abtreibung sei richtig gewesen. Allerdings machte auch nur ein Drittel der Befragten bis zum Ende mit.
Cora ist 33 Jahre alt und hatte im Alter von 20 einen Schwangerschaftsabbruch. Auch zehn Jahre nach dem Eingriff beschäftigt und belastet Cora dieses Erlebnis sehr, sagt sie. Ihr vorherrschendes Gefühl: Trauer.
Eine einsame Entscheidung
Für Cora war vor allem die Entscheidung sehr schwer. Sie steckte damals mitten in der Ausbildung. Ihr erster Gedanke war, auf keinen Fall einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, erzählt sie. Ihr damaliger Freund habe sie aber so unter Druck gesetzt, dass sie sich am Ende doch für einen Abbruch entschied.
"Ich war schon geschockt, weil ich mitten in der Ausbildung war. Mein damaliger Freund hat mich unter Druck gesetzt und gesagt, wenn ich dieses Kind bekommen werde, muss ich das komplett alleine durchziehen."
Probleme bei der Entscheidung spiegelt auch die Studie aus den USA wider: Mehr als die Hälfte der Frauen gab dort an, dass sie sich schwer oder sehr schwer mit der Entscheidung getan hätten. Je schwieriger sich die Entscheidung angefühlt habe, desto länger seien die Frauen mit dem Abbruch emotional beschäftig gewesen. Vor allem kurz nach dem Abbruch herrschten viele negative Gefühle vor – beispielsweise die Angst vor Stigmatisierung oder Schuldgefühle.
Vorwürfe und Albträume
Diese Erfahrung musste auch Cora machen. Vor dem Abbruch zwang sie ihr Frauenarzt, sich das Ultraschallbild anzusehen. Nach dem Abbruch wurde sie stundenlang mit Schmerzen in einem Klinikzimmer gelassen, in das immer wieder neue Patientinnen kamen, erinnert sie sich.
Wohl aufgrund dieser traumatischen Erfahrung hatte Cora in den ersten Jahren nach dem Eingriff sehr oft Albträume, in denen sie zum Beispiel an ein Krankenhausbett gefesselt war.
Das Umfeld spielt eine große Rolle
Cora hätte sich vor allem gewünscht, dass sich die Ärzte neutral verhalten hätten. Auch nach dem Schwangerschaftsabbruch wurde sie noch sehr abwertend behandelt. Cora ist überzeugt davon, dass ohne die Vorwürfe und Herablassungen einiges anders gelaufen wäre.
"Es wurde auch relativ abwertend gesprochen. Ich habe dann auch so Sprüche gekriegt: ‚Ja, aber nicht, dass Sie jetzt jeden Monat kommen!‘ und solche Sachen."
Die Studie der Forscherinnen ist ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass die Reaktion des sozialen Umfelds eine große Rolle dabei spiele, wie es einer Frau nach ihrem Abbruch geht.
Cora hatte zumindest im näheren Umfeld Glück: Ihr Freundeskreis verurteilte ihre Entscheidung nicht. Dennoch sucht sie auch zehn Jahre nach dem Abbruch noch das Gespräch bei der Beratungsstelle Villa Vie in Bochum. Gerade jetzt, wo sie wieder und diesmal geplant schwanger ist, denkt sie viel über früher nach.
Mehr Raum und Zeit zum Entscheiden und Trauern
Für Lisa Günther, die Frauen ehrenamtlich nach einer Abtreibung zur Seite steht, ist es sehr wichtig, dass keine der Frauen für ihre Entscheidung verurteilt wird und sie einen Ort haben, an dem sie offen und ehrlich über ihre Gefühle sprechen können – wie zum Beispiel in der Villa Vie.
"In der Villa Vie darf über jedes Thema gesprochen werden, ganz offen, ganz transparent. Und es wird keiner dafür verurteilt."
Viele Frauen hätten zu wenig Zeit, eine Entscheidung zu treffen, da sie unter Zeitdruck gesetzt würden. Auch nach dem Abbruch scheint der Zeitdruck noch vorherrschend zu sein, denn auch für das wirkliche Trauern danach fehle den Frauen Raum und Zeit. Das müsse sich ändern, sagt Lisa Günther. In der Diskussion um Abtreibung und deren Folgen würden die Frauen, um die es wirklich geht, oft zu kurz kommen.