Soziologin erklärtDeswegen sprechen wir immer mehr über unsere Gefühle
Bin ich hochsensibel? Was ist toxisches Verhalten? Immer mehr Begriffe aus dem therapeutischen Bereich wandern in den Alltag. Die Emotionssoziologin Elgen Sauerborn gibt in der Ab21 Einblick in die Struktur unserer Emotionen.
Laut einer kalifornischen Psychologin nehmen etwa 20 Prozent der Menschheit ihre Umwelt besonders intensiv und sensibel wahr, man nennt das auch Hochsensibilität. Emotionssoziologin Elgen Sauerborn sagt, dieses Phänomen sei relativ neu und ein gutes Beispiel für etwas, das wir in den letzten Jahrzehnten häufig beobachten konnten: der reflektierte Umgang mit den eigenen Gefühlen. Und dieser könne sich auch auf die eigene Identität auswirken.
"Ich kann mich selbst anders wahrnehmen, wenn ich mehr über meine Gefühlswelt weiß. Dadurch kann ich sogar meine Identität beeinflussen."
Immer mehr ich
Elgen schlägt auch die Brücke zu den Begriffen der Psychologisierung oder Therapeutisierung - ein gesellschaftlicher Prozess, der durch die Zunahme etwa von Ratgeberliteratur, Coaching-Programmen oder Achtsamkeitspraktiken dazu führt, die eigene Person immer mehr zum Thema zu machen. Auch Wörter aus dem therapeutischen Bereich wandern eher in den Alltag, es entstehen neue Zustände und Gefühlsausprägungen - zum Beispiel die Hochsensibilität. Und in der Gesellschaft ist es kein Tabu mehr von sich und seinen Emotionen zu sprechen.
"Die Gesellschaft nimmt Gefühle eher ernst, die Thematisierung und das Reden über uns selbst und über die eigenen Gefühle wird üblicher, auch bei prominenten Personen."