SorryWarum uns aufrichtige Entschuldigungen so wichtig sind
Nonapologys – eine Entschuldigung, die sich nicht aufrichtig anfühlt. Wie wir uns ehrlich entschuldigen - darüber hat sich Gresa Gedanken gemacht. Und eine Philosophin erklärt, was zu einem echten Sorry alles dazu gehört.
Eine Entschuldigung, die nicht richtig ernst gemeint war und über die sich Gresa geärgert hat, geht ihr nicht aus dem Kopf: Während eines Ferienjobs vor zwei Jahren hat ein älterer Kollege in der Pause zu ihr gesagt, sie sei ja ganz nett, aber ihr fehle ein bisschen Oberweite.
Gresa war so perplex, dass ihr spontan keine Gegenrede eingefallen ist. Was sie aber vor allem bis heute ärgert, ist der andere Kollege, zu dem sie ein gutes Verhältnis hatte und der währenddessen neben ihr saß.
Statt sich vor sie zu stellen und den älteren Kollegen zurechtzuweisen, hätte dieser Kumpel-Kollege nur gelacht. Später wäre er dann auf sie zugekommen und hätte sich bei ihr entschuldigt, aber ihr gleichzeitig den Vorwurf gemacht, zu empfindlich auf die Äußerung reagiert zu haben.
"Eine unaufrichtige Entschuldigung beinhaltet meistens so eine abgedroschene Floskel wie: Es tut mir leid, aber …".
Aus ihrer Sicht wäre es aufrichtig gewesen zu sagen: Es tut mir leid, ich habe einen Fehler gemacht und mich falsch verhalten. Das würde auch voraussetzen, dass ihr Kumpel-Kollege über sein Verhalten nachgedacht hätte.
Warum Nonapology uns enttäuscht
Was Gresa ärgert, ist, dass dieser Kumpel-Kollege keine Reue gezeigt habe und im selben Atemzug mit der Entschuldigung auch noch die Schuld für den Vorfall auf sie abgewälzt hat. Damit ist die Freundschaft vorbei gewesen, sagt Gresa.
"Ich finde es megatoll, wenn Menschen ihr Verhalten reflektieren. So ein bisschen Reflexion hätte ich mir auch von ihm gewünscht, dass er sich einfach aufrichtig entschuldigt."
Eine unaufrichtige Entschuldigung kennt Gresa von sich selbst aber auch. Auch ihr rutschen floskelhafte Entschuldigungen heraus, sagt sie und hat sich mit diesem Verhalten für eine Recherche näher auseinandergesetzt.
Die Journalistin analysiert diese Situationen so: Die Floskeln rutschen ihr nicht absichtlich, sondern wie automatisch heraus. Vor sich selbst würde sie dann die Schuld von sich abweisen, weil das an ihrem Selbstwertgefühl kratzen würde.
"Es ist natürlich nie wirklich schön, sich so einen Fehler einzugestehen und das auch offen zuzugeben."
Nach einer Diskussion mit einer Freundin habe sie im Nachhinein ihr Verhalten reflektiert und festgestellt, dass das nicht in Ordnung war und sie ihrer Freundin ihre Gefühle abgesprochen hätte. Für Gresa gehört zu einer aufrichtigen Entschuldigung dazu, auch noch nach Wochen auf die Freundin zuzugehen und sich für das eigene Verhalten zu entschuldigen.
Wie eine aufrichtige Entschuldigung aussehen soll, haben Forschende der Ohio State University untersucht.
Wie eine echte Entschuldigung aussehen soll
Eine Entschuldigung ist eine Geste oder ein Sprechakt, wenn bereits etwas schiefgelaufen ist, erklärt Susanne Boshammer, Professorin für Praktische Philosophie an der Universität Osnabrück.
Wenn wir etwas getan haben, was wir nicht hätten tun sollen, zieht das eine Entschuldigung nach sich, weil wir nach dieser Situation nicht einfach so weitermachen können. In der aufrichtigen Bitte um Verzeihung kommt zum Ausdruck, dass wir wieder anknüpfen wollen, nach dem etwas Trennendes stattgefunden hat.
"Das kommt in dieser aufrichtigen Bitte um Verzeihung zum Ausdruck, die sozusagen unsere Möglichkeit ist, wieder anzuknüpfen, nachdem etwas Trennendes stattgefunden hat. Und ich glaube, darum sind sie uns so wichtig."
Die Bitte um Verzeihung sei eine wichtige Kulturtechnik, bei der es um mehr gehe, als darum, dass uns jemand entgegenkomme, sagt Susanne Boshammer.
Es gebe unterschiedlich schwerwiegende Vergehen, aber "wenn sie auch nur ansatzweise schwerwiegend sind, dann richten sie etwas aus. Sie zerstören etwas in unserem Kontakt und sie verunsichern uns", erklärt die Philosophin. Mit der Bitte um Entschuldigung würden wir dann genau auf diese Verunsicherung antworten.
"Wer aufrichtig um Entschuldigung bittet, der bekennt sich zu seiner Schuld. Schuld ist Verantwortung für Unrecht."
Eine aufrichtige Bitte um Entschuldigung sollte drei wichtige Punkte beinhalten:
- Verantwortung für das eigene Verhalten übernehmen und eingestehen, dass es falsch war.
- Gefühlsäußerung, die das Bedauern zum Ausdruck bringt, dass es der Person um unseretwillen leidtut.
- Absicht äußern, dass sich dieses Verhalten bessert oder nicht wiederholt.
In welcher Form der Entschuldigung diese drei Aspekte übermittelt werden, könne auch sehr individuell sein und hänge von der Beziehung der Personen ab, zwischen denen diese Verunsicherung entstanden sei.
Die Form eines Geschenks hält Susanne Boshammer für schwierig, weil das leicht als Bestechungsversuch ausgelegt werden könnte. Denn: "Bei der Bitte um Verzeihung geht es um mehr als darum, dass ein anderer wieder gut mit uns ist. Wenn wir jemandem verzeihen, dann erlauben wir vor allen Dingen der anderen Person, mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen. Wir tun also mehr, als nur zu sagen: Ich bin nicht mehr sauer", erklärt die Philosophin.
Erst die Entschuldigung, dann das Verzeihen
Wenn wir verzeihen, würden wir der anderen Person signalisieren, dass sie kein schlechtes Gewissen mehr gegenüber uns haben muss. "Diese Entlastung von Selbstvorwürfen" ist der Kern des Verzeihens.
Damit eine Entschuldigung gut bei der anderen Person ankommt, sollten wir den richtigen Zeitpunkt abpassen. "Ich würde tatsächlich zuallererst eine Situation schaffen, in der wir wirklich in Ruhe sind und uns auf das konzentrieren können", rät Susanne Boshammer.
Das muss auch nicht direkt nach dem schlechten Verhalten passieren. Eingeleitet werden könnte die Entschuldigung mit dem Wunsch, nach einem Gespräch. Das würde auch noch einmal signalisieren, dass es sich um ein Thema handelt, dass nicht so nebenbei besprochen werden kann.
Dann sollten wir in die Entschuldigung damit einsteigen, was wir falsch gemacht haben. Dabei sollten wir nicht anfangen, dieses Verhalten zu rechtfertigen, "das ist ein No-Go bei der Bitte um Entschuldigung", sagt Susanne Boshammer.
Nicht verzeihen und den eigenen Groll besänftigen
Bleibe eine Entschuldigung aus, kann es folgerichtig sein, diesem Menschen auch nicht zu verzeihen, vor allem wenn es um ein wiederholt falsches Verhalten gehe, sagt Susanne Boshammer. Darüber hat sie auch das Buch geschrieben "Die zweite Chance - warum wir nicht alles verzeihen sollten". Für uns selbst wäre es aber gut, zumindest den eigenen Groll zu überwinden, weil es nicht nur den anderen bestraft, sondern auch uns selbst belastet.