SondierungsgesprächeFDP lässt Jamaika platzen
Die FDP hat die Sondierungsgespräche mit der Union und den Grünen platzen lassen. FDP-Parteichef Christian Lindner sagte: "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren". Bedeutet die gescheiterten Jamaikaverhandlungen auch das Ende für Angela Merkel als Bundeskanzlerin?
"Es gab immer Leute, die gesagt haben, die FDP hat möglicherweise gar kein Interesse in diese Regierung einzutreten und dass Christian Linder für sich die besten Chancen in der Opposition ausmalt", sagt unser Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen.
Angela Merkel kritisiert indirekt auch die Grünen und deren ihrer Meinung nach gewöhnungsbedürftigen Verhandlungsstil, so Detjen.
"Die Grünen haben sehr geschickt deutlich gemacht, dass sie sich bewegen und haben vor und hinter den Kulissen immer wieder deutlich gemacht, dass sie kompromissbereit sind."
2013 galten die Grünen als regierungsunwillig, vielleicht sogar regierungsunfähig, als sie aus den Sondierungsgesprächen mit der Union ausgetreten sind. Das hing ihnen bis heute nach, sagt unser Korrespondent: "In diese Rolle wollten sie jetzt auf keinen Fall noch mal kommen".
Und so machte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir in einer patriotischen Haltung nochmals deutlich, dass sie in der Verantwortung für Deutschland bis über die Schmerzgrenze hinaus zu allen Kompromissen bereit gewesen sind, sagt Detjen.
FDP mit Taktik und Kalkül
Die FDP soll in den Sondierungsgesprächen versucht haben, die CDU in den Verhandlungen über die Flüchtlingspolitik und den Familien-Nachzug rechts zu überholen. So ist es auch Stephan Detjen von verdutzten Unionspolitikern zu Ohren gekommen: "Da ist mir auch klar geworden, das könnte taktisch sein, das könnte ein Manöver sein, mit dem Lindner am Ende den Abbruch der Verhandlung herbeiführt, indem er die Fronten so noch mal zementiert und verhärtet."
"Das war eine Systemzerstörung. Lindner hat sich auf eine Art und Weise verhalten, ein abgezocktes Kalkül gehabt, das wir kaum für möglich gehalten hätten.“
Wenn Lindner tatsächlich auf eine Neuwahl spekuliert habe, dann setze er offenkundig auf eine Wählerklientel, die sich von den etablierten Parteien abwendet, so Detjen: "Lindner geriert sich hier als die andere Alternative für Deutschland und ich glaube, dass er auch auf ein Teil der Wähler dieser Partei schielt, wenn es um Neuwahlen geht."
War es das für Angela Merkel?
Angela Merkel scheint nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche deutlich angezählt. Einen Rücktritt als Bundeskanzlerin hält Stephan Detjen für sogar wahrscheinlich, auch wenn sie sich in einer ersten Erklärung noch als Stabilitäts-Anker gibt und Deutschland gut durch die nächsten Wochen führen will.
Ein ganz zentraler Akteur auf der politischen Bühne sei jetzt der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, "der die verfassungsrechtlichen Weichen in ein politisches und verfassungsrechtliches Neuland stellen muss", so Detjen.
"Das, was wir hier erlebt haben, hat es in der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Und wie man das politisch und auch verfassungsrechtlich löst, dass werden wir jetzt sehen müssen."