Solidarisches GrundeinkommenDas etwas andere Grundeinkommen
Solidarisches Grundeinkommen heißt die Idee, die gerade durch die Regierung kreist. "Was hier diskutiert wird, hat nichts mit einem Grundeinkommen zu tun, wie man sich das so vorstellt," stellt Sozialwissenschaftler Stefan Sell klar.
Die Debatte um Hartz IV gibt es schon länger - auch in der SPD. Frisch als Arbeitsminister im Kabinett der Großen Koalition benannt, bringt Hubertus Heil Bewegung in die Diskussion um Alternativen zu Hartz IV. Er sagt, er sei offen für die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens. Er bezieht sich damit auf den Vorschlag des Berliner Bürgermeisters Michael Müller. Allerdings hat dies nur bedingt etwas mit dem bedingungslosen Grundeinkommen zu tun, sagt Stefan Sell, Direktors des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung an der Hochschule Koblenz.
Eine andere Welt
Müllers Vorschlag: Menschen, die Hartz IV beziehen, sollen Vollzeit für kommunale Arbeiten eingestellt werden und nach Mindestlohn vergütet werden. Brutto sind das etwa 1500 Euro, netto rund 1200 Euro. "Das betrifft dann die Gruppe, der man bescheinigt, sie hätten auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Chance", sagt Stefan Sell.
"Flapsig formuliert könnte man sagen: Da sind Strategen am Werk, die den Begriff Grundeinkommen, der positiv besetzt ist, kapern wollen."
De facto werde Hartz IV damit nicht abgeschafft, erklärt Stefan Sell. "Eigentlich wird es noch komplizierter. Es gibt dann die normalen Hartz-IV-Empfänger und wer so einen Job macht, bekommt eine Art Hartz IV Deluxe obendrauf."
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen hat der aktuelle Vorschlag für den Sozialwissenschaftler wenig zu tun: Denn das solidarische Grundeinkommen sei weiter an Hatz IV gekoppelt. Und es gebe Bedingungen, etwa dass kein Vermögen vorliegen darf und verschiedene Auflagen vom Jobcenter erfüllt werden müssen.
"Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein ganz anderes Konzept: Hier bekommt jeder Bürger einen festgelegten Betrag. Ohne, dass geguckt wird, was er sonst noch hat."
Für Stefan Sell ist das bisherige Konzept des solidarischen Grundeinkommens auf keinen Fall die ultimative Lösung. Er sagt aber, gut sei, dass die Diskussion überhaupt wieder in Bewegung komme: "Die Chance besteht, dass man jetzt mal die Finger in die offenen Wunden im Hartz-IV-System legt. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir über sechs Millionen Menschen haben, die davon abhängig sind."
Statt des solidarischen Grundeinkommens bringt er etwas anderes ins Spiel: eine bundesweite Grundsicherung für Kinder. Denn etwa zwei Millionen Kinder sind im Moment Teil des Hartz-IV-Systems, so Stefan Sell.
Noch viel zu tun - auch bei der Union
Dass sich in puncto sozialer Absicherung etwas bewegen könnte, ist nicht ausgeschlossen, berichtet auch Volker Finthammer, Korrespondent im Hauptstadtstudio. Dabei wird es dann zusätzlich darum gehen, eine gemeinsame Linie zwischen SPD und CDU zu finden. Und hier gebe es noch Diskrepanzen, vor allem, was eine Verstetigung weiterer finanzieller Förderungen geht, so Volker Finthammer. Geeinigt hat man sich aber bereits im Koalitionsvertrag auf eine "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle".
"Das Grundgerüst von dem, was die SPD fordert, steht ja so schon im Koalitionsvertrag."