Tim Berners-Lees "Solid"Die Neuerfindung des World Wide Webs
Tim Berners-Lee hat vor mehr als 30 Jahren das moderne Internet erfunden. Jetzt sagt er: Es wird höchste Zeit für eine Überarbeitung. Mit "Solid" soll alles besser werden.
Es war ein wissenschaftliches Projekt an der Forschungseinrichtung Cern im Jahr 1989. Da entwickelte Tim Berners-Lee das WWW, das World Wide Web. Damit legte er den Grundstein für das Geflecht zahlloser Internetseiten, so wie wir sie heute kennen und täglich ganz selbstverständlich nutzen.
Solid soll Usern ihre Daten zurück geben
Nun will Tim Berners-Lee seine Erfindung neu erfinden. Oder besser gesagt: Er will seine Erfindung reparieren. Denn in den 30 Jahren seines Bestehens hat sich das WWW dramatisch kommerzialisiert, und im Netz sind mächtige Monopole wie Google, Facebook und so weiter entstanden. "Wir User sollen die Kontrolle über unsere Daten zurückerhalten", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll. "Die sollen in Zukunft nicht mehr in den Rechenzentren der großen Konzerne liegen."
Solid heißt das Projekt von Tim Berners-Lee. Die Kernidee dabei ist, das die Daten von uns Usern tatsächlich auch bei uns bleiben. Zum Beispiel auf einer separaten Festplatte gespeichert, die neben dem Router oder auf unserem Schreibtisch steht. "Solid Pod" nennt Tim Berners-Lee dieses Speichersystem. "Damit wären die Daten erreichbar, solange eben der Router zuhause an ist", sagt Andreas Noll.
So extrem originell ist die Idee allerdings nicht. "Es gibt dezentrale Soziale Netzwerke wie Diaspora oder auch Friendica, die ebenfalls auf Datenschutz und Aufbrechen eines Monopols setzen", erklärt unser Reporter, "Aber diese Dienste konnten sich in den vergangenen Jahren nicht durchsetzen." Eine Erfindung des legendären Erfinders Tim Berners-Lee, der Autorität im WWW, könnte aber Erfolg haben, glaubt er.
"Viele User benutzen zwar Facebook und Google, aber sie tun es mit einem schlechten Gewissen, weil sie wissen, wie mit ihren Daten umgegangen wird."
Datenschutz ist ein Thema, das immer wieder in den Medien auftaucht - und vor allem sind es die Datenskandale, die für viel Aufmerksamkeit sorgen. Die Zeit für eine Idee wie "Solid" ist also günstig, und will alles in sich vereinen, was derzeit die Internetriesen anbieten: Social Media, zentraler Datenspeicher, ein sicheres Tool zur Identifikation im Netz. "In jedem Fall müssen wir aber noch etwas warten", sagt Andreas Noll. Denn Tim Berners-Lee hat zwar das Konzept, aber die Software gibt es noch nicht.
Mehr zum Thema Internet:
- Was die Urheberrechtsreform der EU für das Netz bedeuten könnte | Die EU beschließt die Novelle des Urheberrechts - mit zwei wichtigen Kernpunkten: Plattform-Haftung für Urheberrechtsverstöße und Leistungsschutzrecht. Unser Reporter Michael Gessat hat dafür wenig Verständnis.
- Daran kann unsere Informationsfreiheit kaputt gehen | Die Datenschutzgrundverordnung steckt uns noch in den Knochen, und schon steht ein weiteres Gesetz zur Abstimmung, das unsere Internetnutzung verändern kann: der Rechtsausschuss des EU-Parlaments stimmt am 20. Juni über ein europäisches Leistungsschutzrecht ab, das auch Content-Filter vorsieht.
- Bezahlt mir was für meine Daten! | Unser Surfverhalten wird im Netz und in den Sozialen Medien getrackt. Firmen zahlen viel Geld für diese Daten. Eine Diskussion, die der US-amerikanische Jurist Eric Posner angestoßen hat: Wieso erhält der User keine Gewinnbeteiligung für den Profit, der mit seinen persönlichen Daten erzielt wird?