So tickt unsere EmpathieMitgefühl braucht eine gute Geschichte
Empathie und Aufmerksamkeit sind ungerecht verteilt und die Story muss stimmen. Wir haben mit einem Empathieforscher und unserer Nachrichtenchefin gesprochen.
Alle 12 Jugendlichen und der Trainer sind im Freien. Die Rettungsaktion in Thailand war Dauerthema in den Nachrichten. Schon läuft eine ziemlich absurde Diskussion: Wer hat eigentlich wie viel Empathie verdient? Da werden plötzlich Flüchtlingsschicksale mit dem der thailändischen Jungs verglichen. Unser Reporter Christian Schmitt ist deswegen der Frage nachgegangen, wie moralisch Empathie eigentlich sein kann. Dafür hat er hat mit einem Empathieforscher und mit der Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenchefin gesprochen.
An der Höhle in Thailand ist die Lage erst mal einfach. Die eingeschlossenen Kinder liefern eine fast ideale Erzählung, sagt Empathieforscher Fritz Breithaupt.
"Das ist wie großes Kino. Die kommen unserem Gefühl entgegen, weil wir uns in die kurz hineinversetzen können und mit denen dann wieder auftauchen wollen. Und in dem Moment, wo wir auftauchen, ist es zu Ende. Das ist bei den Geflüchteten etwas anderes. Da ist es nicht zu Ende."
Christian fragt: Ist unser Mitgefühl also ein bisschen Heuchelei? Wir fiebern nur mit denjenigen mit, die wir gemütlich vom Sofa aus anfeuern können? Fritz Breithaupt bestätigt Christians Vermutung. Wir können einfach die Daumen drücken und uns gut fühlen, sagt er.
"Ich glaube, dass wir Empathie und Mitgefühl vor allem ausbilden, weil sie für uns gut sind. Empathie hat ihre Schattenseiten. Sie macht uns zu Menschen, sie ist etwas großartiges, aber sie ist nicht gerecht. Und sie ist eigentlich auch ein Miterleben, was aber nicht unbedingt moralisch gut ist."
Am Anfang der sogenannten Flüchtlingskrise war die Motivation hoch. Es war durchaus Empathie da. Angela Merkel sagte: "Wir schaffen das." Und Menschen haben Geflüchtete mit offenen Armen und Deutschlandfähnchen an den Hauptbahnhöfen dieses Landes empfangen. Dann lief die Sache plötzlich nicht mehr so gut, sagt Fritz Breithaupt.
"Wenn die Flüchtlinge dann nicht mitspielen, wenn die nicht nach drei Monaten deutsche Lieder singen und dabei eifrig arbeiten. Dann sind wir enttäuscht."
Auch bei unseren Nachrichten war das Ende der Höhlenrettung eine wichtige Meldung. Gleichzeitig waren aber auch die Geflüchteten Thema. Wie immer, wenn es aktuelle Entwicklungen gibt. Trotzdem überlegt die Redaktion halbstündlich, was in die aktuelle Sendung kommt und was nicht.
Flucht gehört auf die Tagesordnung
Das gehört zum Arbeitsalltag von Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenchefin Franzisca Zecher. Sie begründet, warum die ertrunkenen Menschen regelmäßig Thema der Nachrichten sind damit, dass diese Ereignisse, die Gegenstand der deutschen Flüchtlingspolitik sind, nicht in Vergessenheit geraten sollen.
"Dieses Thema sollte nicht vom Radar verschwinden, bei dieser aktuellen politischen Diskussion. Die wird so geführt, dass diese Menschen, die auf der Flucht sind, versachlicht werden, zum Objekt werden und gar nicht mehr als Menschen gesehen werden."
Die Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenchefin meint, das Thema der thailändischen Kinder solle grundsätzlich nicht gegen das Thema Flüchtlinge ausgespielt werden. Beides zu vergleichen sei zynisch, sagt sie.
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