Immo-Firmen in BerlinSo geht Marktmacht: Deutsche Wohnen und Co
Für Mieter ist der Berliner Wohnungsmarkt eine echte Zumutung. Aktivisten fordern jetzt die Enteignung einer großen Immobiliengesellschaft. Sie kritisieren vor allem die Steuertricks und Mietpreispolitik der Unternehmen.
Mietaktivisten sammeln in Berlin Unterschriften. Ihr gemeinsames Ziel ist es, große private Wohnungsgesellschaften zu enteignen, wie sie es formulieren (zu den Begriffen "Enteignung" und "Vergesellschaftung" unten mehr). Ihr Ziel: Die Stadt soll den Firmen Wohnungen für einen Preis deutlich unter dem Marktwert abkaufen. Wir haben mit dem Journalisten Manfred Götzke über die Tricks der Wohnungsgesellschaften in der Hauptstadt gesprochen. Er arbeitet im Landesstudio Berlin.
In Berlin gibt es etwa 1,8 Millionen Wohnungen. Davon gehören den großen Wohnungsgesellschaften rund 200.000. Deutsche Wohnen heißt das größte dieser Privatunternehmen in Berlin – mit rund 120.000 Wohnungen. Mietaktivisten bezeichnen Firmen als groß, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen. Rund zehn Unternehmen dieser Art sind in Berlin aktiv, sagt Manfred Götzke.
Ziel: Mieten hoch, Steuern runter
Um ihre Gewinne zu erhöhen, bedienen sich einige der Unternehmen verschiedenster Tricks. Einer davon ist der Share Deal. Er dient dazu, Steuern zu vermeiden. Die Firmen gründen eine Gesellschaft, der sie die Wohnungen übertragen. Dann verkaufen sie nur einen Teil, also einen Share der Gesellschaft. Auf diese Transfers müssen die Firmen keine Grunderwerbssteuer bezahlen und auch das staatliche Vorkaufsrecht greift bei solchen Transaktionen nicht. Bei einem regulären Eigentümerwechsel muss der Anbieter in bestimmten Fällen eine Immobilie an den Staat oder eine Gemeinde verkaufen, wenn diese Interesse zeigen.
Bei einem normalen Verkauf fallen Grunderwerbssteuern an. In Berlin sind das 6 Prozent des Kaufpreises. Manfred Götze sagt, dass dem Land Berlin durch Share Deals im Immobilienbereich jährlich Steuereinnahmen in Höhe von etwa 100 Millionen Euro entgehen. Vor gut 10 bis 15 Jahren waren die Eigentumsverhältnisse noch andere. Das Land Berlin war im Besitz von deutlich mehr Wohnungen in der Stadt und habe viele davon verscherbelt, sagt Manfred Götzke – für durchschnittlich 8000 Euro pro Wohnung.
"Vor gut zehn Jahren sah es in Berlin ganz anders aus. Da hatte der Staat viel mehr Wohnungen und konnte größeren Einfluss auf die Mieten nehmen."
Manfred Götzke berichtet, dass Unternehmen, die weniger Wohnungen besitzen, andere Strategien anwenden. Sie kaufen einzelne Mietshäuser und wandeln dann einzelne Wohnungen in Eigentumswohnungen um, die sie gewinnbringend verkaufen. 14.000 Mietwohnungen sind im Jahr 2018 in Berlin auf diesem Weg zu Eigentumswohnungen geworden.
"Modernisierung, die kann der Vermieter komplett auf den Mieter umlegen. Der zahlt dann bis zu 11 Prozent mehr Miete – jedes Jahr. Das ist ein sehr beliebtes Modell hier in Berlin."
Für die Unterstützer des Volksbegehrens sei die Enteignung der großen Wohnungsfirmen nur eines von mehreren Mitteln, sagt Manfred Götzke. Die Mietaktivisten unterstützen also auch den Neubau von Wohnungen, befürchten aber, dass Menschen mit niedrigen Einkommen auf diesem Weg in die Randbezirke verdrängt werden.
"Die Leute, die Enteignungen favorisieren sagen: 'Nur neu zu bauen, führt dazu, dass man in den Außengebieten Wohnungen für Leute hat, die weniger Geld verdienen und in der Innenstadt wird es immer teurer. Das führt zu einer Gettoisierung."
Zu den Begriffen Enteignung und Vergesellschaftung: Die Aktivisten in Berlin fordern die "Enteignung", den Begriff benutzen auch viele Medien. Juristisch wäre es aber eine Vergesellschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes.
Korrektur: Bei der schriftlichen Umsetzung des Gesprächs sind leider Fehler unterlaufen, die nachträglich korrigiert wurden. So war im dritten Absatz von "Share der Wohnungen" zu lesen, während Manfred Götzke korrekt von "Share der Gesellschaft" spricht. Er sagt zudem, dass dem Land Berlin durch Share Deals im Immobilienbereich jährlich Steuereinnahmen in Höhe von etwa 100 Millionen Euro entgehen, nicht 6 Millionen, wie zu lesen war. Schließlich waren die Begriffe Grundsteuern und Grundverkaufssteuern zu lesen, wo es korrekt an beiden Stellen nun Grunderwerbssteuern heißt.
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