Sucht und MarketingSnus, E-Zigaretten & Co: Suche nach dem Imagewandel
Wer nicht rauchen möchte, hat inzwischen viele Alternativen: Nikotin-Pouches sind eine davon. Die kleinen Säckchen kommen zwar ohne Tabak aus – süchtig werdet ihr davon allerdings trotzdem.
Ohne Tabak, dafür mit viel Nikotin: Die kleinen Beutel, die man sich direkt in den Mund legt, werden als Genussmittel vermarktet, das möglicherweise weniger gesundheits- und suchtgefährdend ist als tabakhaltige Produkte. Doch eine Untersuchung der Universität München hat gezeigt: Teilweise enthalten die Säckchen mehr Nikotin als herkömmliche Zigaretten. Und der menschliche Körper nimmt offenbar auch mehr von dem Gift auf. Die Alternative zur herkömmlichen Zigarette hat also ein erhebliches Suchtpotential.
Die Nikotinbeutel werden typischerweise in stylischen, vielfarbigen Dosen verkauft. Manche davon mit Gummibärchengeschmack, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Katja Scherer. "Eine Marke heißt sogar Candy und hat so ein Logo in pinker Hubba-Bubba-Farbe", sagt sie.
Kinder und Jugendliche als Zielgruppe?
Daraus ergibt sich die Vermutung, die Hersteller könnten sich mit ihren Produkten an Kinder und Jugendliche richten. Diese können die Pouches allerdings offiziell gar nicht erwerben und dürfen sie auch nicht konsumieren.
"Zahlen vom Bundesinstitut für Risikobewertung von 2022 zeigen, dass nur zwei Prozent der Befragten die Beutel regelmäßig genutzt haben. 14 Prozent hatten sie schon mal ausprobiert."
Gleiches gilt eigentlich auch für E-Zigaretten. Jedoch greifen in Deutschland aktuell rund sieben Prozent der 9- bis 17-Jährigen mindestens einmal im Monat zu. Die Weltgesundheitsorganisation warnt vor E-Zigaretten. Sie kritisiert insbesondere, dass sie oft gezielt bei jungen Konsumierenden beworben und so zur Einstiegsdroge werden.
Ungeahndete Verstöße gegen das Werbeverbot
Der Verband des eZigarettenhandels e. V. (VdeH) betont hingegen, die Branche halte sich strikt an den Jugendschutz und richte sich ausschließlich an Erwachsene. Der Staat ahnde jedoch Werbeverbotsverstöße nicht hart genug, wenn beispielsweise Influencer*innen für E-Zigaretten werben.
"Die Produkte sind für Erwachsene ab 18 Jahren. Unsere Zielgruppe sind vor allem diejenigen Raucher, die um- oder aussteigen wollen."
Laura Graen vom Deutschen Krebsforschungszentrum stellt fest, dass große Tabakkonzerne weiterhin viel Geld für Werbung ausgeben, um neue Kunden zu gewinnen. So sponsert Philip Morris zum Beispiel ein großes Musikfestival in Serbien und platziert dort im Gegenzug eine konzerneigene Tabakerhitzermarke.
Forderung: mehr Steuern, Werbeverbote, weniger Lobbyismus
In Deutschland gilt: Tabakprodukte dürfen dort beworben werden, wo sie auch verkauft werden. Laura Graen findet, dass der politische Einfluss der Branche noch immer viel zu groß ist. Sie fordert eine höhere Besteuerung, Werbeverbote an Verkaufsorten (also etwa im Kiosk) und eine Reduzierung der Kontakte zwischen Herstellern und Politik auf ein Mindestmaß.
"Was wir auch bräuchten, ist eine drastische Erhöhung von Steuern auf Tabakprodukte und E-Zigaretten. Da hat die Tabakindustrie eine minimale Steuererhöhung auf Zigaretten erreicht."
Jan Mücke ist Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse. Er findet es normal und gut, wenn sich Unternehmen bei Gesetzgebungsprozessen einbringen. Und er hält es auch für angemessen, dass Tabakhersteller weiter in Supermärkten und bei Festivals werben dürfen.
"Wenn erwachsene Menschen über 18 die Entscheidung treffen, dass sie Nikotinprodukte konsumieren wollen, dann geht das den Staat nichts an. Deshalb verstehe ich den Vorwurf nicht."