Handyschrott reduzierenEU: Index, wie gut sich ein Smartphone reparieren lässt
Viele Smartphones gehen zu schnell kaputt. Reparieren ist oft entweder nicht möglich oder zu teuer. Die Hersteller freuen sich, denn so sind wir gezwungen, uns immer wieder schnell ein neues Gerät zu kaufen und das alte wegzuwerfen. Die EU will dem wachsenden Berg an Handyschrott jetzt den Kampf ansagen.
Geplant ist das Ganze schon länger – jetzt wird es aber konkreter: Ein EU-weiter Reparierbarkeitsindex soll Verbraucherinnen und Verbrauchern anzeigen, wie gut oder schlecht sich ein Smartphone reparieren lässt. Bei der Kaufentscheidung im Netz oder im Ladenregal soll uns dabei ein Buchstabe von A bis G helfen, der auf der Packung steht – also eine Orientierungshilfe ganz ähnlich, wie es sie heute schon bei den Energielabeln gibt. A ist gut für uns, von G sollten wir die Finger lassen.
"A steht für leicht reparierbar, bei G müssen wir uns schon bei einem kleinen Schaden ein komplett neues Gerät kaufen."
Vielleicht kommt zu den Buchstaben auch noch eine Farbampel dazu, so wie man das bei einem ähnlichen Gesetz in Frankreich gelöst hat. Die EU erhofft sich von der Kennzeichnung, dass wir Verbraucher in Zukunft mehr darauf achten, ein Gerät zu kaufen, das sich gut reparieren lässt und nicht nach viel zu kurzer Zeit den bereits extrem großen Elektroschrotthaufen noch weiter vergrößert.
Kriterienkatalog erarbeitet
Nach welchen Kriterien die Kennzeichnung erfolgen soll, hat die EU-Kommission gerade mit Vertretern der Umweltorganisation ECOS, dem deutschen Umweltbundesamt und der gemeinnützigen Online-Reparaturplattform iFixit besprochen. Herausgekommen ist ein Katalog, der zum Beispiel abfragt, wie viele Arbeitsschritte nötig sind, um Akku, Display, Kamera oder Mikrofon auszutauschen.
"Akku und Display werden bei den Kriterien besonders hoch gewichtet, weil die ja am schnellsten den Geist aufgeben."
Besonderes Augenmerk gilt den anfälligsten Teilen, also Akku und Display. Andere Fragen sind:
- Können wir uns nötige Ersatzteile selbst kaufen oder beliefert der Hersteller nur lizensierte Reparaturbetriebe?
- Braucht man Spezialwerkzeug für die Reparatur oder geht das mit Standardwerkzeug?
- Gibt es öffentlich einsehbare Reparaturanleitungen?
- Können die Verbindungselemente im Gerät wiederverwertet werden? Bei kleinen Schrauben zum Beispiel ist das möglich. Wenn die Komponenten verklebt sind, klappt es dagegen nicht so gut.
Der Katalog ist auf jeden Fall hilfreich, findet unsere Netzreporterin. Allerdings würden bestimmte wichtige Kriterien auch fehlen.
Manche Kriterien fehlen
So wollten die NGOs etwa noch erreichen, dass auch der Preis der einzelnen Ersatzteile berücksichtigt wird (so wie das beim französischen Index der Fall ist). Das hat die Kommission jedoch abgelehnt. Argument: Die Preise könnten ja in jedem Mitgliedsstaat unterschiedlich sein und auch schwanken. Und darunter würde dann wiederum die Genauigkeit des Index leiden.
"Die große Frage wird sein, wer diesen Kriterienkatalog prüft."
Entscheidend wird sein, wer die Buchstaben A-G für die Reparierbarkeit letztlich vergibt. Beim Reparatur-Index in Frankreich gibt es da eine große Schwachstelle: Die Hersteller rechnen den Score anhand des behördlichen Prüfkatalogs nämlich selbst aus. Und nach Informationen des Computermagazins c’t hat die EU vor, das beim Smartphone-Index ähnlich zu lösen. Eine übergeordnete, neutrale Instanz, die nachrechnet, ob die Traumwertung A für das Handy überhaupt gerechtfertigt ist, ist also bisher offenbar nicht geplant.
Hoffentlich wird da noch nachgebessert, findet Martina Schulte. Zeit dafür ist noch vorhanden: Die EU-Kommission will laut c't nun das Feedback der NGOs und des Umweltbundesamtes auswerten und die Methodik danach verfeinern.
2023 könnte der Index kommen
Der Zeitpunkt der tatsächlichen Markteinführung des Indexes könnte dann 2023 sein – zusammen mit weiteren Regelungen, die Smartphones umweltverträglicher machen sollen: So sollen die Hersteller zum Beispiel dazu verpflichtet werden, mindestens fünf Jahre lang Sicherheitsupdates und Ersatzteile für ihre Smartphones parat zu haben. Genau das ist bisher nämlich eines der zentralen Probleme, findet die österreichische Zeitung Der Standard: Selbst wenn die Geräte eigentlich länger genutzt werden könnten, sind sie aufgrund fehlender Patches oft bereits nach wenigen Jahren unsicher.
Übrigens: Die EU-Kommission hat nicht nur Reparatur-Richtlinien für Smartphones erarbeitet. Schon seit 2019 gibt es Mindestkriterien für die Reparierbarkeit von Waschmaschinen und Spülmaschinen.