Energie aus RusslandSibiriens Bewohner leiden unter dem Kohleabbau
Das Kusnezker Becken in Sibirien ist Russlands größtes Kohlerevier. Einer der Großabnehmer ist Deutschland. Wie sind die Bedingungen dort, wo unsere Energie herkommt? Nicht gut, berichtet unser Korrespondent – die Menschen dort leiden unter dem Kohlestaub und werden krank.
Das Kusnezker Becken in Sibirien wird kurz Kuzbass genannt. Es ist eines der größten Kohleabbaugebiete der Welt. Auf mehreren zehntausend Quadratkilometern wird dort in hunderten Bergwerken Steinkohle gewonnen. Die wird nicht nur zur Energieversorgung in Russland verwendet, sondern auch exportiert. Deutsche Kraftwerke sind Großabnehmer für die russische Steinkohle.
Für sibirische Verhältnisse ist die Region rund um Kuzbass dicht besiedelt. Zu den größeren Städten zählen beispielsweise Nowokusnezk mit gut einer halben Million Einwohnern und Kisseljowsk mit knapp 100.000 Einwohnern.
Trostlose Gegend mit liegen gebliebenen Abraumhalden
Die Gegenden, in denen Kohleabbau stattfindet, sind trostlos. Die ganzen Abraumhalden – also das, was übrig bleibt, wenn die Bagger wieder weg sind – bleiben einfach, berichtet unser Korrespondent für Russland Thielko Grieß. Es sei kein Vergleich zu beispielsweise Leipzig, wo nach Beendigung des Abbaus viele Seen entstanden sind.
Menschen in Sibirien sind stolz auf den Kohleabbau
Trotz der Tristesse seien die Menschen dort aber ziemlich stolz auf ihre Region und auf die Schwerindustrie. An einem Kiosk hat Thielko Grieß zum Beispiel ein schwarzes Speiseeis gefunden, das übersetzt "Schwarze Kohle" heißt.
"Das Kohle-Eis schmeckt zwar nach Kaugummiautomat aus den frühen 90ern, symbolisiert aber den Stolz der Menschen auf ihre Kohleregion."
Immer in der Luft: schwarzer Staub
Im vergangenen Jahr haben Bilder von schwarzem Schnee weltweit für Aufsehen gesorgt. Auf Twitter fragten Nutzer sogar, ob so "Schnee aus der Hölle" aussieht?
Ähnliche Bilder wurden vielfach im russischen sozialen Netzwerk VK geteilt und diskutiert. Thielko Grieß sagt, dass im Schnee das Problem mit dem Kohlestaub nur sichtbar wurde. Die Menschen in der Region hätten damit täglich zu tun.
"Der Staub weht ständig durch die Stadt, sodass man ihn täglich von der Fensterbank wischen kann."
Der Staub entsteht beim Tagebau selbst und auch beim Umladen der Kohle auf LKW oder Container, die sich auf den Weg in die Häfen machen, damit die Kohle unter anderem nach Deutschland verschifft werden kann.
Im Winter kommt laut Thielko Grieß noch das Problem hinzu, dass die Menschen mit Kohle heizen. Und ein weiteres großes Problem sind die Abraumhalden, die noch Kohle enthalten, die sich zum Teil entzünden kann. "Dabei entstehen giftige Gase. Die Brände sind kaum zu löschen, manche von ihnen glimmen schon Jahrzehnte vor sich hin", sagt Thielko Grieß.
Viele Menschen in Sibiriens Bergbauregion haben Krebs
Thielko Grieß hat mit vielen Menschen gesprochen, deren Familienangehörige Krebs hatten oder haben. Der dauerpräsente Kohlestaub bleibt nicht ohne Folgen, auch wenn es keine amtlichen Statistiken dazu gibt. Aber es kämen sogar Kinder mit Nieren- und Leberschäden zur Welt.
Besonders angegriffen seien filternde Organe wie Lungen oder Nieren, aber auch Hautkrebs komme häufig in der sibirischen Kohle-Region vor, so Thielko Grieß.
Behörden reagieren kaum
Die Behörden reagieren kaum, berichtet er weiter. Zwar gibt es bei einigen Unternehmen Sozialleistungen – etwa in Form von Zusatzzahlungen für Urlaub am Meer – davon profitiere aber nur ein kleiner Teil der Arbeiter.
"Zehntausende bekommen unter dem Strich nichts dafür, dass sie täglich Kohlestaub einatmen."
Was unseren Korrespondenten ebenfalls schockiert ist, dass die vorgegebenen Mindestabstände zwischen Wohnraum und Kohleabbau nur selten eingehalten werden. Eigentlich müsste der Abstand einen Kilometer groß sein, sagt Thielko Grieß. Das werde aber an vielen Stellen unterschritten. Das heißt, in Sibirien gibt es Fälle, wo 100 Meter vom Haus entfernt gebaggert wird – und natürlich Kohlestaub entsteht, den die Menschen dort ganzjährig einatmen.