Sexismus und SportkleidungWarum Nike bei den Olympiaoutfits am Stoff spart
Körper zeigen oder Leistung? Die US-Olympia-Athletinnen werden sehr knapp ausgestattet. Was für die Sportlerinnen ein Problem ist, gilt im Marketing als Segen.
Kaum waren die Anzüge für die US-Leichtathletinnen bei Olympia 2024 vorgestellt, kam schon die Kritik. Nike bediene sexistische Klischees und stelle Marketing und vermeintlich als erotisch gelesene Fotos über Praktikabilität.
Die US-Weitspringerin Tara Davis-Woodhall kommentierte den Post zur Vorstellung der bikiniartigen Stofffetzen beispielsweise pointiert mit: "wait my hoo haa is gonna be out".
"Die Frauen im US-Team haben in der Leichtathletik die Wahl zwischen einem knappen und einem sehr knappen Outfit."
Tara Davis-Woodhall sagt damit auch, dass sie während eines Wettkamps ständig Angst haben muss, dass eventuell Fotos oder Videos von ihr entstehen, auf denen Körperteile von ihr entblößt sind, die sie nicht entblößen will. Für eine Sportlerin oder auch einen Sportler kann das kontraproduktiv sein, wenn sportliche Höchstleistungen erbracht werden sollen.
In diesem Fall sind – wie so oft – Athleten von dem Problem nicht betroffen. Die US-Olympia-Anzüge der Sportler sind deutlich länger geschnitten als die der Frauen.
Sportbekleidungshersteller verfahren nach dem Prinzip Sex sells, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Justus Wolters. Eigentlich befinden sich die Sportausstatter in einem Interessenkonflikt zwischen Funktionalität und Reizwirkung, bestätigt Sebastian Uhrich. Er lehrt am Institut für Sportökonomie der Deutschen Spothochschule in Köln.
Hersteller zielen auf erotische Wirkung ab
Grundsätzlich sei aber die Diskussion um Sexismus im Sport schon länger angekommen – gerade was das Thema Kleidung angeht.
"Mit knappen Outfits wollen die Hersteller vermeintlich auch eine erotische Reizwirkung erreichen. Erotische Reize zählen zu den biologischen Schlüsselreizen und werden in der Vermarktung häufig genutzt."
Der Sportökonom erinnert daran, dass die deutschen Olympiaturnerinnen 2021 ganz bewusst in langer Kleidung angetreten sind, um Selbstbestimmtheit zu demonstrieren und zu zeigen, dass die Wettkampfkleidung nicht dazu dienen sollte, primär ihre Körper zu präsentieren.
Die deutschen Turnerinnen zeigen, wie es gehen kann, findet Justus Wolters. Gut möglich, dass Nike noch reagiert und nachsteuert. Bisher habe sich das Unternehmen noch nicht zur Kritik geäußert (Stand 16.04.2024). Der Athletik-Dachverband der USA hat die Sportausstattung mit dem Argument verteidigt, die Sportler*innen hätten eine Wahl – nur liegt die zwischen knapp und sehr knapp.