StereotypeSexistische Übersetzungen bei Google Translate
Die automatische Übersetzung von Google versieht manche Berufe automatisch mit der weiblichen beziehungsweise männlichen Form. So ist "CEO" immer männlich, "attraktiv" und "scheu" dagegen weiblich. Das ist zwar keine sexistische Absicht, trotzdem könnte und sollte Google nachbessern.
Wer sich bei Google Translate den Satz "Sie ist Pilotin." ins Ungarische übersetzen lässt, erhält dieses Ergebnis: "Ő egy pilóta."
Nun die Gegenprobe: Zurück vom Ungarischen ins Deutsche übersetzt, kommt nicht etwa der Ursprungssatz "Sie ist Pilotin" heraus - sondern die männliche Form: "Er ist Pilot."
Verantwortlich für dieses Phänomen: Im Ungarischen und auch in diversen anderen Sprachen gibt es keine Geschlechtsformen, also kein "die" oder "der". Aus der weiblichen "Pilotin" wird also die geschlechtsneutrale Variante gemacht.
Bei der Rückübersetzung ins Deutsche hat Google Translate nun die Wahl:
Der Algorithmus könnte sich sowohl für die weibliche Form entscheiden ("sie"/"Pilotin") als auch für die männliche ("er"/"Pilot"). Das Bemerkenswerte: Speziell beim Beruf Pilot entscheidet sich der Algorithmus für die männliche Form. Bei "Krankenschwester" und sogar bei "Krankenpfleger" wählt Google Translate bei der Rückübersetzung dagegen die weibliche Form.
Sexismus bei Google Translate?
Google Translate bedient damit Stereotype. Denn manche Berufe, aber auch andere Attribute sind bei Google Translate klar männlich, andere klar weiblich. Wissenschaftler der Bundesuniversität von Rio Grande do Sul in Porto Alegre, Brasilien, testeten in englischer Sprache diverse Sätze und Formulierungen. Ihre Ergebnisse, hier ins Deutsche übersetzt:
- Der Wissenschaftler
- Der Lehrer
- Der Vorstandsvorsitzende
- Die Krankenschwester
- Die Bäckerin
- Die Hochzeitsplanerin
Tendenziell hat Google Translate "männlich" als Standard-Voreinstellung. Die männliche Form überwiegt nämlich bei weitem auch bei Berufen mit ausgeglichenem Geschlechteranteil.
Die Wissenschaftler haben auch noch andere Geschlechts-Stereotypen identifiziert. Sätze mit Begriffen wie "attraktiv", "beschämt", "glücklich", "freundlich" oder "scheu" werden mit dem weiblichen Pronomen versehen. Die männliche Form findet sich bei Sätzen mit Begriffen wie "arrogant", "grausam" oder "schuldig".
"Die Gender-Tendenz hat Google Translate vermutlich nicht von irgendwelchen sexistischen Programmierern eingetrichtert bekommen - wobei natürlich bei Google viel mehr Männer arbeiten als Frauen."
Die männliche und weibliche Konnotation ist vermutlich nicht auf die Absicht chauvinistischer Google-Programmierer zurückzuführen. Vielmehr steckt hinter Google Translate eine künstliche Intelligenz, die selbst dazu lernt. Sie wird trainiert und mit Beispieltexten gefüttert, etwa mit der Bibel, Romanen, Gebrauchsanweisungen. Und darin finden sich nun mal deutlich mehr Piloten als Pilotinnen.
"Modernere Texte, in denen sich vielleicht schon Gleichberechtigung und die Aufweichung dieser Stereotype niederschlägt, dürften noch weit in der Minderheit sein", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Michael Gessat.
Lösung für das Gender-Problem
Deswegen fordern die Forscher, die Google Translate untersucht haben: Google könnte das Trainingsmaterial anpassen, besonders in der englischen Sprache. Sie sei eine Brückensprache, und die Stereotype könnten sich womöglich sogar per Übersetzung auf eigentlich neutrale Sprachen übertragen.
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