Probleme mit der LibidoNeues Mittel soll die weibliche Lust auf Sex steigern
Rund acht bis zehn Prozent der Frauen leiden an sexueller Unlust, sagt eine US-Studie. Vor Kurzem ist ein Medikament für Frauen auf den Markt gekommen, das helfen soll. Allerdings scheint der Effekt sehr gering zu sein.
Bei manchen Frauen lässt – ohne ersichtlichen Grund – die Lust auf Sex nach, auch vor der Menopause. Wenn sie unter ihrer schwachen Libido leiden und wenn sie das zum Beispiel psychisch belastet, spricht man von Hypoactive Sexual Desire Disorder – kurz HSDD – einer Störung des sexuellen Verlangens.
Eine US-Studie hat herausgefunden, dass rund 9 Prozent der Frauen im Alter von 18 bis 44 Jahren, und rund 12 Prozent der Frauen im Alter zwischen 45 bis 64 Jahren davon betroffen sind. In den USA können sich Frauen jetzt das Medikament Vyleesi kaufen, das ihre Libido steigern soll. Das Mittel wurde an 1200 Frauen getestet, bevor es zugelassen wurde.
"Bremelanotid wurde in den 1980ern als Wirkstoff in Selbstbräunungscremes getestet. Dabei hat man zufällig herausgefunden, dass es das sexuelle Verlangen steigert – bei Männern und Frauen."
Wie der Wirkstoff wirkt
Vyleesi enthält den Wirkstoff Bremelanotid, der den Melanocortin-Haushalt im Hirn beeinflusst. Melanocortin ist ein Hormon, das verschiedene Prozesse im Körper regelt – zum Beispiel den Stoffwechsel und die Pigmentierung der Haut. Aus diesem Grund wurde Bremelanotid in den 1980er Jahren in Selbstbräunungscremes getestet. Dabei haben Forschende zufällig herausgefunden, dass der Stoff das sexuelle Verlangen steigert – sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Welchen Mechanismus der Wirkstoff genau in Gang setzt, ist nicht ganz klar, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Jenny Rieger. Es gibt die Theorie, dass der Wirkstoff den Dopaminspiegel hebt. Dass Dopamin wiederum eine Rolle für die Lust spielt, ist schon länger bekannt.
"They have significant changes in what women are reporting in questionnaires about desire and decrease in distress. But in terms of the increase in women's frequency of satisfying sex per month: 0,7 for the drug group, 0,2 for the placebo group."
Libido-steigerndes Mittel: Wie wir das Medikament einnehmen
Das Medikament, das die Libido von Frauen steigern soll, wird in das Fettgewebe am Bauch oder am Oberschenkel gespritzt. Sich selbst zu spritzen, ist eine Vorstellung, die für viele von uns eher unangenehm ist. Das Mittel wird also ähnlich wie Insulin bei Diabetes verabreicht. Vyleesi muss mindestens 45 Minuten vor dem Sex gespritzt werden. Das bedeutet, das wir grob planen müssen, wann wir das Mittel einnehmen wollen. Bei spontanem Sex hilft das Medikament nicht. Das ist vergleichbar mit der Einnahme von bei Viagra – auch da kann es bis zu 90 Minuten dauern, bis die Wirkung eintritt. Vyleesi darf auch nicht zu oft eingenommen werden: nur achtmal pro Monat und mit jeweils einem Abstand von 24 Stunden dazwischen.
Versuche mit Nasenspray wurden abgebrochen
Eine Variante des Medikaments wurde auch als Nasenspray in einer Studie getestet. Durch das Spray wurden aber so heftige Nebenwirkungen bei den Probanden verursacht, dass die Tests eingestellt wurden. Teilnehmerinnen bekamen durch das Mittel Bluthochdruck, Übelkeit und Erbrechen. Diese Nebenwirkungen hat die Version, die injiziert wird zwar immer noch, aber nicht mehr so stark. 18 Prozent der Testpersonen einer Studie von 2016 haben deshalb auch die Teilnahme abgebrochen.
"I say smoke a joint."
Effekt sichtbar, aber relativ gering
Es gab zwar einen statistisch signifikanten Effekt: Frauen, die an der Studie teilgenommen haben, hatten mehr Lust – aber nur geringfügig mehr. Statistisch gesehen nur eine halbe zusätzliche befriedigende sexuelle Begegnung pro Monat mehr im Vergleich mit der Placebo-Gruppe, die ein Medikament ohne Wirkstoff eingenommen hatte. Die Sexualtherapeutin Nan Wise meint, dass es auch helfen könne die Libido zu steigern, wenn wir einen Joint rauchen. Vor allem, wenn wir keine Lust haben mit Medikamenten nachzuhelfen.
Unlust – Symptom eines größeren, gesellschaftlichen Problems
Die Einschätzung der Neurowissenschaftlerin und Sexualtherapeutin ist, dass das Problem mit sexueller Unlust nur ein Symptom eines größeren, gesellschaftlichen Problems ist. Sie glaubt, dass wir verlernt haben, zu genießen. Körper und Biologie sind nur eine Komponente davon, dazu kommen noch psychische und soziale Faktoren, wie zum Beispiel Stress. Die Libido hängt ja von vielem ab, von der Gesundheit, Stress, vom Alter oder wie es in der Beziehung läuft, sagt die Sexualtherapeutin.