Psyche und CoronaSelbstmitleid: Jammern hilft nicht weiter!
Manchmal ist es leichter, in Selbstmitleid zu versinken, als an den eigenen Problemen zu arbeiten. Wie wir das eigene Bedauern überwinden und uns stattdessen in Selbstmitgefühl üben können, besprechen wir in dieser Ab 21.
Zugegeben, das Jahr 2020 haben wir uns vermutlich alle etwas anders vorgestellt: ausgefallene Urlaube und Festivals, stattdessen Social Distancing und Kontaktbeschränkungen. Pauline wollte eigentlich das ganze Jahr in Aserbaidschan verbringen, um dort ein freiwilliges soziales Jahr zu machen. Doch im Zuge der Pandemie musste sie vorzeitig nach Hause kommen. Noch vor ein paar Monaten wäre sie deshalb in Selbstmitleid zerflossen.
Wege aus dem Selbstmitleid
Früher hat sie sich schon selbst bedauert, wenn sie arbeiten musste und andere feiern gehen konnten, erzählt Pauline. "Dann habe ich mich absichtlich zurückgezogen mit trauriger Musik und Filmen, um das Gefühl auch noch zu provozieren."
"Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass es anderen Leuten auch schlecht geht, obwohl sie es im ersten Moment vielleicht nicht zeigen."
Ein paar einsame Monate in Aserbaidschan, die Pandemie, und auch mehr Selbstbewusstsein haben Pauline geholfen, weniger selbstmitleidig zu sein. Wie sie das im Detail geschafft hat, erzählt sie uns in der Ab 21!
Wenn das Ungerechtigkeitsgefühl uns ins Selbstmitleid treibt
Gerade zu Beginn der Pandemie hat Aron Boks sich mit Absicht ins Selbstmitleid befördert: "Es war schön, sich darin zu suhlen", erzählt der Autor und Poetry Slammer, der sonst auch gern in den Berliner Clubs unterwegs ist. Obwohl er wusste, dass es ein Privileg ist, während der Corona-Zeit in einem sicheren Land wie Deutschland zu wohnen, hat er eine Ungerechtigkeit gespürt.
"Ich konnte mein Leid nicht wirklich teilen, weil ich damit nicht allein war. Es ging anderen ja genauso."
Ihm hat das Ausgehen gefehlt, außerdem konnte er als Künstler kaum arbeiten, weil viele Veranstaltungen ausgefallen sind. Weil aber Leute in seinem Umfeld ähnliche Sorgen hatten, konnten sie sich gegenseitig Tipps geben und irgendwann ein Stück aus ihrem Selbstmitleid befreien.
Selbstmitleid ist ein kurzer Trost, hilft uns aber nicht nachhaltig mit Problemen
Selbstmitleid sei für einen Moment in Ordnung, sagt Psychologin Muriel Böttger. Wenn wir uns selbst bedauern, geben wir die Verantwortung für unsere eigenen Probleme nämlich an andere Menschen ab und müssen uns selbst nicht nach Lösungen umschauen.
Dieses Gefühl gebe uns für einen kurzen Moment Erleichterung, aber es hilft uns nicht nachhaltig, sagt die Psychologin. Irgendwann müssten wir wieder selbst die Verantwortung für unsere Probleme übernehmen: "Damit wir nicht in der Opferrolle verharren, denn dann fehlt die Macht und Kontrolle, unsere Gefühle und das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen."
"Selbst, wenn du nur kleinere Dinge verbessern kannst: Mach es, damit du ein Gefühl von Kontrolle zurückbekommst."
Stattdessen sollten wir probieren, Selbstmitgefühl zu entwickeln, um unsere Probleme lösen zu können, so der Rat der Psychologin: "Das ist ein Konzept aus der positiven Psychologie und kommt ursprünglich aus dem Buddhismus."