KorruptionEine Hand wäscht die andere - schon immer
Anfang des 17. Jahrhunderts, die Kirche herrscht über halb Italien. Wer ein Amt haben will, muss dafür viel Geld locker machen. Und wer ganz nach oben will, wer Gottes Stellvertreter auf Erden werden möchte, der braucht vor allem Seilschaften und ein gutes Netzwerk.
Seit wann ist Korruption eigentlich schlecht? Heute gilt sie bei uns als falsch und unmoralisch. Aber was wir heute als korrupt betrachten - zum Beispiel, sich ein Amt zu erkaufen - gehörte in der frühen Neuzeit noch selbstverständlich zur Struktur von Staat und Verwaltung, war essentiell für das Funktionieren des politischen Systems. Das zeigt die Historikerin Birgit Emich im Hörsaal anschaulich an einem Beispiel.
"Aus Sicht der Frühneuzeit ist das ein perfekter sozialer Aufstieg nach den Regeln der Zeit, aus heutiger Sicht ist es ein einziger Abgrund an Korruption."
Sie schildert die spannende Geschichte des Grafensohns Camillo Borghese, der sich geschickt ins Papstamt klüngelte, dank Patronage und Korruption zu Gottes Stellvertreter auf Erden aufstieg. Waren Camillo und seine Familie nur schlaue Politiker und clevere Unternehmer, die das herrschende System verstanden und und deshalb nutzen konnten? Oder waren sie doch korrupt?
Wo endet Geschicklichkeit, wo fängt Korruption an?
Birgit Emich ist Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihren Vortrag „Seit wann ist Korruption schlecht!? Seilschaften, Netzwerke und andere nützliche Beziehungen in historischer Sicht“ hat sie am 12. Mai 2016 am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald gehalten.
Mehr zum Thema Korruption:
- Korruptionsbericht 2016 | Transparency International
- Aus Politik und Zeitgeschichte: Korruption | Bundeszentrale für Politische Bildung