SehnsuchtWenn wir gefühlt das Leben verpassen
Sie vermisst ihr altes Leben, sagt Autorin Liza von Flodder - früher war sie nachts feiern, heute ist sie Mutter. Wenn einen die FOMO überwältigt, kann Achtsamkeit helfen, erklärt Psychotherapeutin Amanda Nentwig-Utzig.
Sie war auf vielen Parties und hat ein ziemlich hedonistisches Leben geführt und ist dann ungeplant schwanger geworden. Liza von Flodder nennt sie sich heute. Sie arbeitet als Autorin und kümmert sich mit ihrem Mann um ihre beiden gemeinsamen Kinder. Er arbeitet in Vollzeit und sie übernimmt den größeren Teil der Kinderbetreuung.
"Ich hatte das Gefühl, mein Hirn verkümmert, durch das Kümmern und Tiergeräusche nachahmen. Also irgendwie braucht man den Austausch mit Erwachsenen."
Schon beim erste Anstoßen auf ihre Schwangerschaft auf dem WG-Balkon hat es angefangen. Liza von Flodder musste auf ein erstes gesellschaftliches Ding verzichten, wie sie sagt.
Und es geht weiter: Sie wollte sich an den G20-Protesten in Hamburg beteiligen. Stattdessen hatte sie während der Auseinandersetzungen in dieser frühen Phase der Schwangerschaft Angst um ihr Baby und um sich selbst.
Sorgen statt Protestieren
Trotzdem ist sie dank ihres pflegeleichten Babys und eines sehr hilfreichen WG-Mitbewohners, der auf ihr Kind aufgepasst hat, recht rasch wieder feiern gegangen. Nicht so lange wie zuvor, aber doch bis so etwa fünf Uhr morgens.
"Ich konnte also super schnell wieder auf Partys gehen, nicht in dem Ausmaß wie vorher, nicht so lang. Bis fünf Uhr."
Die Fear of Missing Out kommt bei jüngeren Generationen sehr häufig vor, sagt Amanda Nentwig-Utzig. Für die psychologische Psychotherapeutin ist Fomo weder ein Gefühl, noch ein fachlich anerkanntes Störungsbild.
Für sie ist Fomo wie treibende Gedanken, die sich auf andere Menschen richten, darauf, was diese tun, was man alles erleben könnte. Menschen die unter Fomo leiden, hätten häufig Schwierigkeiten ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen.
"Menschen, die eine hohe Fomo haben, nehmen oft gar nicht mehr wahr, was für Gefühle sie haben."
Nachweislich fehle vielen Menschen, die unter Fomo leiden, Achtsamkeit sich selbst gegenüber, sagt Amanda Nentwig-Utzig. Sie könnten ihre eigenen Gefühle nicht mehr bewusst wahrnehmen. Für sie hat das auch mit Social Media zu tun.
Social Media als Aufmerksamkeitsfalle
Die Plattformen ermöglichten eben den ständigen Vergleich dem Abbild anderer Menschen. Auf Social Media seien aber stets nur ausgewählte Highlights zu sehen. Nach Monotonie und Langeweile suche man dort vergebens. Zum Vergleich biete Social Media stets nur die beste Version aus dem Leben der anderen.
"Ein ganz wesentliches Tool ist tatsächlich die Achtsamkeit, die nachgewiesenermaßen auch den Menschen, die unter Fomo leiden, häufig fehlt."