WohnungssuchePro-Accounts verfolgen ungleiche Behandlung als Geschäftsmodell
Wer Zeitdruck hat und Geld genug, ist vielleicht bereit, für einen Account bei einem Immo-Portal zu zahlen. Ein Blick auf ein schwieriges Geschäftsmodell.
Ein Premium-Account bei Immoscout24 verspricht, die Suche nach einer Wohnung mit ein bisschen Geld abzukürzen. Für Vermietende ist es praktisch, Bewerberinnen und Bewerber werden vorgefiltert. Für die Suchenden kosten sechs Monate Premium rund 120,- Euro.
Anbietende haben Zugriff auf eine digitale Bewerbermappe mit Bonitätscheck der Schufa, Einkommensnachweis und Mietzahlungsbestätigung. Was die Suche nach Immobilien angeht, ist die Seite in Deutschland führend.
Premium-Modell als Ausnahme
Deutschlandfunk-Nova-Reporter Nico Rau nennt das folgende Ranking der drei großen Portale auf dem Online-Markt zur Wohnungs- oder WG-Suche:
- Immoscout24 – rund 20 Millionen Nutzende monatlich, Betreiberin Scout24
- Immowelt – rund 16 Millionen Nutzende monatlich, Betreiberin Axel Springer
- wg-gesucht.de – rund 14 Millionen Nutzende monatlich, Betreiberin SMP GmbH
Weder Immowelt noch wg-gesucht.de haben bislang ein vergleichbares Modell (Stand 26.10.2022). Für ebay-kleinanzeigen liegt nur eine damit nicht unmittelbar vergleichbare Zahl vor. Die Immobilienkategorie des Portals hat nach IVW-Zahlen monatlich zwischen Januar und September 2021 über 100 Millionen Visits. Die Kategorie Immobilien ist eine der beliebtesten Kategorien des Online-Kleinanzeigenmarkts. Dort können Suchende und Anbietende ihre Anzeigen durch Zahlungen besser platzieren.
Nutzenden eines Premium-Accounts bei Immoscout24 haben folgende Privilegien:
- Bei vielen Inseraten dürfen in den ersten 48 Stunden nur Premium-Mitglieder Kontakt zu den Vermieter*innen aufnehmen.
- Über die gesamte Laufzeit der Suchanzeige tauchen Premium-Nutzer*innen stets ganz oben im Postfach von Vermietenden auf.
Ungleichbehandlung als Geschäftsmodell
Ungleichbehandlung gehört also zum Geschäftsmodell des Portals und zieht Kritik nach sich – beispielsweise durch den Deutschen Mieterbund Nordrhein-Westfalen.
"Da hat man faktisch einen großen Nachteil, wenn man nicht bereit ist, dieses kostenpflichtige Angebot zu nutzen und das sehen wir absolut kritisch."
Alle Portale werben damit, dass sich ihrer Seite ein Schufa-Bonitäts-Check kostenpflichtig bestellen lässt. Dabei ist die jährliche Datenkopie der Schufa ständig kostenlos verfügbar.
Abmahnung von Verbraucherzentrale
Eine Verbraucherzentrale hat Immoscout24 abgemahnt, weil suggeriert werde, dass die kostenpflichtige Schufa-Auskunft unbedingt in eine Bewerbungsmappe gehöre. In der Regel werde diese Auskunft auf dem Wohnungsmarkt vorzeitig eingefordert, findet André Juffern vom Deutschen Mieterbund Nordrhein-Westfalen. Die Datenschutzbehörden sind der Ansicht, dass Vermietende die Schufa-Auskunft erst verlangen dürfen, wenn der Mietvertrag zur Unterschrift vorliegt.
"Wir beanstanden bei diesen Portalen, dass die Schufa-Auskunft noch in einer Vorauswahl zur Verfügung gestellt wird, wo es den Vermieter noch gar nichts angeht, wie die Finanzlage der Menschen ist."
Immoscout24 und die Konkurrenten geben an, die Daten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung zu verarbeiten. "Wie weit das stimmt, ist nicht zu überprüfen", sagt Deutschlandfunk-Nova-Rpeorter Nico Rau.
Allerdings finde sich in den AGBs von Immoscout24 eine Passage über Datenübermittlung in Drittländer. Das Portal setze Dienste von Anbietern aus Ländern außerhalb der EU ein, die dann auch personenbezogene Daten verarbeiten. Außerdem erinnert Nico Rau daran, dass es vor gut zehn Jahren Hackern gelang, an Kund*innendaten von Immoscout24 zu gelangen.
"Als Nutzer entscheide ich bei dem Premium-Modell bei Immoscout24 selbst, ob ich Vermieter*innen die sensiblen Daten wie Bonitätsnachweis etc. zukommen lasse."