SchulzeitWas wir uns von Lehrkräften gewünscht hätten
Lehrkräfte haben oft ein Imageproblem. Auch Sena hat als Schülerin nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Oliver Sachsze ist Genrealsekretär der Bundesschülerkonferenz und kennt die Problematik. Als Lehrer und Sachbuchautor hat auch Bob Blume eine Meinung zum Thema.
Als Schülerin sei Sena öfters mit ihren Lehrkräften aneinandergeraten, sagt sie. Sie sei eine schwierige Schülerin gewesen, ein Klassenclown. Das habe sie bei vielen ihrer Lehrerinnen und Lehrern nicht gerade beliebt gemacht. Von ihnen habe sie sich öfters anhören müssen, dass aus ihr nichts werde und sie abbrechen solle, erzählt sie.
"Ich war sehr, sehr unbeliebt bei den Lehrern und musste mir das öfters anhören, dass aus mir nichts wird, dass ich abbrechen sollte."
Sena habe sich davon nicht unterkriegen lassen und will es jetzt sogar besser machen: Sie studiert Lehramt in Berlin und beginnt nächstes Jahr ihr Referendariat. Sena sagt aber auch: Ohne den positiven Zuspruch einzelner Menschen wie ihrem Geschichtslehrer oder ihre Erdkundelehrerin zum Beispiel, wäre sie wahrscheinlich nicht so weit gekommen.
Unterricht: Kinder und Jugendliche mitnehmen
In ihrem Beruf möchte Sena vieles anders machen und keine Lehrerin sein, die einfach nur Bücher oder Kopien im Klassenraum verteile. Sie möchte methodenreich arbeiten und den Jugendlichen die Möglichkeit geben, den Unterricht selbst mitzugestalten, sie abholen und auf Augenhöhe mit ihnen arbeiten.
Wie erfolgreich manche Lehr-Konzepte sein können, habe sich in ihrem Praktikum gezeigt, wo vermeintlich schlechte Schüler*innen zur Hochform aufliefen, sagt Sena.
Lehrkräfte: ausführendes Organ der Bildungspolitik
Lehrkräfte stehen häufig in der Kritik, das weiß auch Oliver Sachsze, Genrealsekretär der Bundesschülerkonferenz. Das liege häufig aber auch daran, dass sie als ausführendes Organ der Bildungspolitik direkt an vorderster Front stehen würden. Oliver betrachtet die Sache auch in einem größeren Zusammenhang und nimmt auch die Entscheidungsträger dahinter in den Blick – die Schulträger oder das Bildungsministerium.
"Das Problem ist, dass die Lehrkräfte direkt an der vordersten Front stehen. (…) Als Schüler komme ich nie ins Gespräch mit dem Schulträger oder dem Bildungsministerium, die ja doch eher die Entscheider dahinter sind."
Oliver wünscht sich, Schüler*innen insgesamt ernster zu nehmen und auch mehr auf ihre alltäglichen Interessen und Fragen einzugehen. Zum Beispiel im Geschichtsunterricht: Wenn gerade über die 70er-Jahre gesprochen werde, wir aber einen Krieg in der Ukraine haben, der auch die Jugendlichen beschäftige, so Oliver.
Sollte es mit einer Lehrkraft überhaupt nicht funktionieren, dann habe sich Oliver als Schüler immer vor Augen geführt: "Ich muss diese Person danach nicht mit nach Hause nehmen." Im besten Fall aber gebe es ein aufeinander Zukommen von beiden Parteien: Verständnis auch von Seiten der Schüler*innen für den Lehrberuf und einen Lehrkörper, der die Kritik und Verbesserungsvorschläge aus der Klasse nicht abblocke. Das könne die gemeinsame Zeit und den Unterricht spürbar erleichtern.
Auch Lehrer*innen sollten immer noch lernen wollen
Mit der Thematik hat sich auch Bob Blume intensiv beschäftigt. Er selbst ist nicht nur Lehrer, sondern hat auch ein Buch geschrieben mit dem Titel "Zehn Dinge, die ich an der Schule hasse und wie wir sie ändern können".
Damit eine Lehrkraft einen guten Job mache, sollten sie aus seiner Sicht vor allem drei Dinge mitbringen: Sie sollten für das eigene Fach brennen. Sie sollten ein authentisches Interesse an der Weiterentwicklung der Schülerinnen und Schüler haben. Sie sollten sich auch während ihres Berufs weiterhin für Lernen und Bildung interessieren.
"Lehrkräfte müssen für ihr Fach und für das eigene Lernen brennen."
Die Zeiten, in denen eine Lehrkraft sage, "ich möchte nie wieder was anderes machen, als das, was ich schon vorbereitet in der Schublade habe", seien einfach vorbei. Wenn es eine Fähigkeit gebe, die über allem stehe, dann wäre das, Beziehungen mit jungen Leuten aufbauen zu können. So wie Sane und Oliver spricht sich auch Bob dafür aus, die Interessen der Schülerinnen und Schüler stärker mit einzubeziehen und sie ernster zu nehmen.
Das lasse sich als bildungspolitische Zielvorgabe allerdings nur schwer einbauen oder überprüfen. Doch so manchen Lehranwärtern würde ein mehrwöchiges, verpflichtendes Feriencamp vor Berufsbeginn wohl nicht schaden, sagt Bob – einfach, um zu gucken, ob jemand mit jungen Menschen überhaupt klarkommt und Spaß hat.
„Fünf verpflichtende Wochen Feriencamp. Und dann wüsste man vielleicht, mit den Größeren oder den Kleineren komme ich besser klar, mir hat das Spaß oder gar keinen Spaß gemacht.“
Bob Blume ist dabei aber kein Lehrer, der selbst immer alles richtig mache. Das Feedback seiner Schülerinnen und Schüler sei im wichtig, sagt er. Vor allem freue er sich auch über die Kritik. "Schon aus dem einfachen Grund, dass ich weiß, dass das Positive dann auch ernst gemeint ist", sagt er. Das Feedback hole er sich eigentlich anonym, mittlerweile kämen aber auch Schüler*innen mit Kritik offen auf ihn zu.