SchichtarbeitWie schlafen wir, wenn wir nachts arbeiten?
Nachtschichten sind keine leichte Sache: Wenn der Körper auf Schlafen gepolt ist, müssen Schichtarbeiter und Schichtarbeiterinnen wach sein. Und wenn es draußen hell ist und viele andere zur Arbeit gehen, dann schlafen sie. Was macht das mit dem Schlaf und der Gesundheit?
Wer nachts arbeitet, ist in einer Zeit wach, in der der innere Akku schon vergleichsweise leer sein kann. Denn tagsüber nicht genügend schlafen kann, ist zu Arbeitsbeginn schon viele Stunden wach.
Jan ist Mitte 20 und arbeitet als Zerspanungsmechaniker. Seit anderthalb Jahren arbeitet er jede dritte Woche Nachtschichten. Die anderen beiden Wochen hat er Früh-oder Spätschicht.
Er sagt, in der Nachtschichtwoche braucht er dringend am Abend noch ein Nickerchen, bevor er um 22 Uhr zur Arbeit geht:
"Manchmal schlafe ich dann durch die zwei, drei Stunden, aber manchmal wache ich auch mittendrin nochmal auf. Es ist ein etwas unruhiger Schlaf in der Nachtschicht."
Schlafforscherin Christine Blume von der Uni Basel empfiehlt solche kleinen Nickerchen kurz vor Arbeitsbeginn, damit sich der innere Akku noch ein wenig aufladen kann. Gleichzeitig weiß sie, dass der Schlaf in der Nacht eine andere Qualität hat.
"Der Schlaf am Tag ist nicht der gleiche wie in der Nacht."
Das liegt daran, dass Menschen, die am Tag schlafen, einfach leichter an den Punkt kommen, an dem sie nicht mehr weiterschlafen können. In Studien hat sich gezeigt, dass Arbeitenden nach der Nachtschicht etwa ein bis vier Stunden Schlaf fehlen.
Schlaf ist in der Nacht anders als am Tag
Außerdem ändert sich die Zusammensetzung von Leicht-, Tief- und REM-Schlaf (Rapid-Eye-Movement-Schlaf). Der Körper scheint sich zwar genügend Tiefschlaf zu holen, dafür sind aber Leicht- und REM-Schlaf kürzer.
"Dazu kommt: Unsere innere Uhr fördert am Tag Wachheit und in der Nacht Schlaf. Das ändert sich mit dem plötzlichen Wechsel zur Nachtschicht nicht."
Die innere Uhr kann sich zwar ein wenig an den neuen Rhythmus anpassen, aber nicht vollständig. Jan merkt das an seiner Aufmerksamkeit.
"In der Nachtschicht kann es schon sein, dass man gegen 3 oder 4 Uhr etwas müde ist, gerade wenn man recht monotone Arbeit hat."
Es gibt sogar Vermutungen, dass Unglücke wie die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im Zusammenhang stehen mit Nachtarbeit. Denn sicher ist, dass die Katastrophe in der Nacht passiert ist und gerade die Leute die Steuerung des Reaktors übernommen hatten, die für die Nachtschicht eingeteilt waren.
Fehlender Nachtschlaf verantwortlich für katastrophale Unfälle?
Eine Verkettung von Ereignissen und Entscheidungen hat dazu geführt, dass große Mengen radioaktives Material in die Umwelt gelangt sind. Rückblickend lässt sich nicht sagen, ob die Arbeiter und Arbeiterinnen wirklich wegen ihrer Schichtarbeit unaufmerksam waren. Aber die Uhrzeit könnte bei der Katastrophe eine Rolle gespielt haben.
Gesundheitliche Probleme durch Schlafentzug
Wer über längere Zeit, also mehrere Monate oder Jahre, in Nachtschichten arbeitet, kann auch gesundheitliche Probleme bekommen. Schichtarbeit erhöht zum Beispiel das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, vor allem dann, wenn auch Nachtarbeit dabei ist. Außerdem ist das Risiko für Übergewicht und Diabetes Typ 2 erhöht.
In dieser Folge "Über Schlafen" sprechen Schlafforscherin Christine Blume von der Uni Basel und Moderatorin Ilka Knigge darüber, wie Schichtarbeiterinnen und -arbeiter möglichst gut schlafen können.