Schauspielerin Elmira Rafizadeh"Die Freiheit, die wir genießen, ist nicht selbstverständlich"
Elmira Rafizadeh floh als Kind mit ihrer Mutter aus dem Iran. Wir dürfen die Menschen dort in ihrem Freiheitskampf nicht alleine lassen, lautet ihr Appell. Wenn viele Menschen Haltung zeigen, mache das einen Unterschied.
Mit 5 Jahren floh Elmira Rafizadeh mit ihrer Mutter aus dem Iran, das war 1986 - im Land herrschte Krieg. Ihre Mutter sah für sich und ihre Tochter keine Zukunft dort.
Heute ist Elmira Rafizadeh Schauspielerin und lebt in Köln. Lange habe sie sich nicht politisch engagiert und geschwiegen zur Situation im Iran, sagt sie. Doch mit den aufflammenden Protesten im vergangenen Jahr habe sie gespürt, dass es jetzt Zeit sei, sich zu äußern und aktiv zu werden. Die Bevölkerung im Iran habe den Stein ins Rollen gebracht mit ihrem Mut, sie verdiene Unterstützung, meint die Aktivistin.
Deshalb ist Elmira auch stolz, dass im Rahmen der diesjärigen Berlinale der Film "Teheran Tabu" gezeigt worden ist. Der Film ist von 2017, er beleuchtet die Doppelmoral und die Repression in der Islamischen Republik. Elmira spielt darin eine iranische Prostituierte, die von einem Mullah ausgehalten wird. Im Film werden gleich mehrere Tabus gebrochen, die Schicksale von vier Hauptfiguren stehen im Mittelpunkt - fiktiv, aber dennoch realistisch.
Mit diesem Film hat sich Elmira bewusst entschieden, die Angst vor dem Regime im Iran abzulegen. Denn ihr war bewusst: Wenn Sie Teil dieses regimekritischen Films sein würde, könnte sie nie wieder in den Iran reisen, um ihre Familie zu besuchen: "Ich hatte ähnliche Angebote bisher immer abgelehnt, weil ich es nicht übers Herz gebracht hatte, nicht mehr zurückreisen zu können."
"Wir, die hier im Westen in Sicherheit leben, können Familienangehörige gefährden, wenn wir uns regime- oder systemkritisch äußern."
Mit dem Film "Teheran Tabu" habe sie bewusst allle Brücken zerschlagen, die Konsequenzen nimmt sie in Kauf: "Ich bräuchte nur den Flughafen in Teheran zu betreten, dann hätte ich auch schon die Handschellen dran" - davon geht Elmira aus. Denn es wurden schon Menschen für weitaus weniger kritische Aussagen im Iran verhaftet, sagt sie. Doch mittlerweile erheben so viele Exil-Iraner und -Iranerinnen ihre Stimme für die Demonstrierenden im Iran, dass sie daraus auch Mut und Kraft schöpfe, erzählt Elmira.
Den Fokus weiterhin auf den Iran richten
Besonders wichtig ist es ihr, dass wir im Westen die Menschen im Iran nicht vergessen, auch wenn das Thema in den Medien nicht mehr so eine große Rolle spiele. Im Land gebe es immer noch Proteste, Verhaftungen und Hinrichtungen. Noch immer sitzen über 20.000 Demonstrierende in Haft. Mutige Frauen gingen jetzt teils ohne Kopftuch auf die Straße - vor einigen Monaten sei das undenkbar gewesen, meint Elmira.
"Das ist die größte Sicherheit, die wir den Iranern und Iranerinnen geben können, dass wir ihr Leid, die Folter und all das, was dort an Menschenrechtsverletzungen passiert, hier sichtbar machen."
Wir müssten weiterhin auf den Iran schauen und das Thema öffentlich debattieren, meint sie, sonst seien die Menschen im Iran verloren. Auch wenn man in den sozialen Medien nur einen Beitrag zum Thema teile oder like, setze man damit ein kleines Zeichen, dass ihr oder auch den Betroffenen selbst Kraft geben könne.
Ihr eigener innerer Antrieb, sich für die Menschen im Iran zu engagieren, komme natürlich von ihren iranischen Wurzeln, sagt Elmira. Sie fühle sich einerseits verantwortlich, gleichzeitig aber auch schuldig, weil sie ja hier im Westen in Freiheit und Sicherheit lebt. Doch "die Freiheit, die wir genießen, ist nicht selbstverständlich", das weiß sie aus ihrer eigenen Geschichte.
"In dieser Führung und Regierung wird es keine Reformen geben. Und selbst wenn, dann ist es immer nur ein kurzfristiges Hinhalten, um die Bevölkerung oder den Westen ruhigzustellen."
Der Druck des Westens auf das iranische Regime müsse noch viel deutlicher werden, meint Elmira. Unsere Außenpolitik müsse sich prinzipiell wandeln und neu ausrichten: "Menschenrechte müssen immer an erster Stelle stehen".
Dass mit dem Iran noch Handel getrieben wird, obwohl die Menschen dort unterdrückt und öffentlich hingerichtet werden, kann Elmira nicht verstehen. Denn vor allem die Elite des Landes profitiere von den Geschäften und werde immer mächtiger. Auch da müsse man mehr Haltung zeigen, fordert sie - und die Bevölkerung in ihrem Freiheitskampf nicht im Stich lassen.