Schärfere Sanktionen für VerkehrssünderHandy am Steuer wird richtig teuer
Auf Verkehrssünder kommen schärfere Sanktionen zu. Geldbußen? Fahrverbote? Auto weg? Welche Maßnahmen, um die Zahl der Verkehrsdelikte zu senken und Verkehrssünder zur Einsicht zu bewegen, sind die besten?
- Wer mit Handy am Steuer erwischt wird, soll in Zukunft 100 oder (bei Sachbeschädigung) sogar bis zu 200 (statt bisher 60) Euro blechen
- auch Tablet oder Navi dürfen während der Fahrt nicht mehr in der Hand gehalten werden, lediglich ein kurzer Blick aufs Gerät ist erlaubt - es drohen Strafen ab 100 Euro aufwärts, Punkte und Fahrverbote
- Fahrer, die keine Rettungsgasse für Einsatzwagen von Hilfskräften bilden, sollen künftig 200 (statt bisher 20) Euro zahlen
- Wer illegale Autorennen veranstaltet oder daran teilnimmt, war früher mit 400 Euro und manchmal auch zwei Monaten Gefängnis bestraft worden – jetzt können es von zwei bis zu zehn Jahren Haft werden
Höhere Strafen – reicht das?
Bundestag und Bundesrat haben darauf reagiert, dass die Medien in der letzten Zeit gerade das Thema der illegalen Autorennen aufgegriffen haben, die immer wieder Tote fordern, sagt der Verkehrssoziologe Alfred Fuhr.
"Die Politik schaut in ihren Werkzeugkasten – und reagiert mit höheren Strafen."
Aber können heftige Strafen allein tatsächlich unser "Verkehrsgewissen" erreichen und damit für mehr Verkehrssicherheit sorgen? Alfred Fuhr ist skeptisch…
"Aufgrund allem, was wir wissen, fahren wir im Auto mit Reptiliengehirn."
Wir sind im Auto umgeben von Sicherheitstechnik. Alle Handgriffe laufen quasi automatisiert ab, in Gedanken sind wir schon am Ziel.
Der Mensch im Auto: weniger reflektiert als instinktiv
Die Abläufe sind dadurch eben weniger reflektiert als instinktiv – auf jeden Fall weit weg von der rationalen Abwägung: Was droht mir, wenn ich das jetzt mache?
Die Erkenntnis komme meistens erst in dem Moment, wenn ihr geblitzt werdet, sagt Fuhr: Oh je, was wird denn das jetzt wieder kosten! Das sind aber eben nicht die Hirnareale, die man braucht, um gut durch den Straßenverkehr zu kommen.
"Ich glaube, dass nicht jeder sofort rafft, dass er sich - wenn er bestraft wird - bessern muss, dass diese Bestrafung nicht wieder vorkommt."
Das Problem mit Regelüberschreitungen im Straßenverkehr richtig angehen, das würde bedeuten: auf Weitwinkel stellen, mal die Gesellschaft in den Blick nehmen:
Empathie ist das Zauberwort
Wenn ich den Blinker setze, dann hat das mit dem Bewusstsein zu tun, dass da ein anderer ist, dem das nützen könnte, mit dem ich mir den Verkehrsraum teile.
"Im Moment gilt: Ellenbogen, Geschwindigkeit, sich durchsetzen."
Wenn es nach Alfred Fuhr ginge, wäre Verkehr kein Randaspekt, sondern dann sollte von dort aus gleich die ganze Gesellschaft reformiert werden. Wenn etwa bei den Einstellungsvoraussetzungen ein Kriterium wäre, dass der Bewerber sich empathisch im Straßenverkehr verhalten hat, sagt Fuhr, dann wäre das bereits eine sehr nützliche und interessante Information über den Kandidaten.
Einen Politiker, der nicht nur stumpf an der Bußgeldschraube dreht, sondern der das mal grundsätzlicher anpackt und versucht, die Stimmung im Straßenverkehr zu drehen, sucht Alfred Fuhr bisher allerdings vergeblich.
"Solche Wertedebatten müssten auf einer Ebene geführt werden, wo jemand mal Verantwortung übernimmt. Und das ist im Moment noch nicht zu erkennen."