Verwaltungsapp AbsherApp unterstützt Überwachung von Frauen in Saudi Arabien
Eine Verwaltungsapp für Saudi Arabien namens Absher steht weltweit in der Kritik. Denn zu den Verwaltungsangelegenheiten gehört auch die Überwachung von Frauen.
Seit dem 24. Juni 2018 dürfen Frauen in Saudi Arabien zwar alleine Auto fahren. Einfach ins Ausland fahren oder das Land per Flugzeug verlassen dürfen sie aber nicht. Dazu benötigen sie die Erlaubnis ihres Ehemannes, oder - falls sie unverheiratet sind - eines männlichen Familienmitglieds. Ohne diese Genehmigung wird die Frau bei der Passkontrolle festgehalten und ihr "Beschützer", so heißt es dort, wird informiert.
In Saudi Arabien ist das rein rechtlich gesehen ein Verwaltungsakt. Einer von vielen, die neuerdings auch per App erledigt werden können. Im Prinzip ist Absher also eine Art E-Government-App. Das heißt, in der App lassen sich Dinge erledigen, wie Knöllchen bezahlen, wenn man falsch geparkt hat, man kann Ausweise und Dokumente bestellen oder verschiedene Anträge stellen. Und dazu gehört dann auch, darüber die Genehmigung erteilen, dass eine Frau ins Ausland reisen darf. Diese Funktion ist aber nur für Männer freigeschaltet.
Heftige Kritik auch von Amnesty International
Laut Google Play Store wurde die App bereits eine Million mal installiert und auch im Apple App Store gibt es zahlreiche positive Bewertungen. Seit einigen Tagen gesellen sich aber auch kritische Stimmen dazu. Auslöser ist ein Artikel im Business Insider, durch den auch Menschen außerhalb von Saudi Arabien auf die Absher-App aufmerksam geworden sind. Die Kritik richtet sich auch an Google selbst. Auch Vertreter und Vertreterinnen von Amnesty International und Human Rights Watch kritisieren die App.
Unglaublich, eine Schande, diese App muss entfernt werden, ich kann nicht glauben, dass Google so etwas zulässt."
Es gibt aber auch eine kleine Lücke. Im Artikel des Business Insider beschreiben saudische Frauen, wie sich die App austricksen lässt. Denn auch saudische Ehemänner, Väter oder Brüder gehen unter Umständen recht lax mit ihren Passwörtern um. So gelingt es den Frauen, wenn sie an das Smartphone kommen, sich selbst die Genehmigung zu erteilen und die SMS an eine andere Nummer umzuleiten, die gesendet wird, wenn sie das Land verlassen.
Keine Reaktion von Apple und Google
Die Betreiber der App-Stores, Apple und Google, haben sich bisher nicht zu "Absher" geäußert. Der Fall ist allerdings auch nicht ganz so einfach. Denn natürlich widerspricht der Einsatz zur Überwachung den Richtlinien der App-Stores. Die saudische E-Government-App ist aber kein explizites Überwachungsinstrument, sondern eben ein Service zur einfachen Bearbeitung von Verwaltungsakten. Die Überwachung von Frauen ist nur ein kleiner Teil davon. Für die App-Store-Betreiber ein Dilemma, das sich nicht so einfach lösen lässt.
"Im Grunde sind Apple und Google hier im gleichen Dilemma wie alle Firmen oder Regierungen, die in oder mit Saudi-Arabien Geschäfte oder Politik machen: Die völlig unzweifelhaften Menschenrechtsverstöße werden toleriert."
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