Sally Rooneys "Gespräche mit Freunden"Vorurteil: Männer schreiben Literatur, Frauen Unterhaltung
Die meisten Bücher werden von Männern geschrieben. Jedenfalls bei den großen Verlagen. Aber jetzt gibt es "Gespräche mit Freunden" von Sally Rooney. Zoë Beck hat es übersetzt und erklärt, warum gerade dieses Buch so gut und wichtig ist.
"Gespräche mit Freunden" ist das Buch dieses Sommers: Es geht um Beziehungsmodelle, um Liebe in Zeiten von Tinder. Es geht darum, wie wir mit Geld umgehen, was für einen Job wir machen möchten, wie wir überhaupt in dieser Gesellschaft leben möchten. Und es geht um die Krankheit Endometriose, an der etwa jede zehnte Frau erkrankt ist, die aber gerade erst in der Gesellschaft ankommt. Alles geschrieben aus der Sicht einer jungen Frau. Und das ist etwas Besonderes.
Die Autorin ist Sally Rooney, 28 Jahre alt. "Gespräche mit Freunden" ist ihr erstes Buch, und es ist ein Bestseller und viele Kritiker und Leser sind begeistert. Auch Zoë Beck. Sie hat das Buch übersetzt, ist selbst Verlegerin und hat sich beim ersten Lesen des Buches sofort wiedergefunden: "Die Art zu reden, die Art zu diskutieren, das kenne ich alles schon von mir und meinen Freunden."
Geredet wird in dem Buch natürlich auch über Beziehungen, über Sex und den weiblichen Körper. "Ich habe mich gefreut, dass da mit totaler Selbstverständlichkeit der weibliche Körper so beschrieben wird und thematisch im Mittelpunkt steht", sagt Zoë. In der Literatur habe es sonst oft etwas sehr Verschämtes, wenn über Frauenkörper geschrieben wird, sagt sie. Oder er wird ins Komische gezogen, wenn etwa eine Schwangerschaft lustig beschrieben wird.
"Die meisten Bücher kommen von Männern."
Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass Frauen einen schweren Stand in der Buchbranche haben, zumindest wenn es um die anspruchsvolle Literatur geht. "Die meisten Bücher kommen von Männern", sagt Zoë. Auch die meisten Bücher, die in der Schule oder an der Uni gelesen werden: von Männern. Jedenfalls wenn es um die sogenannte Hochliteratur geht, die gefeiert und mit Preisen ausgezeichnet wird.
Männer schreiben Literatur, Frauen schreiben Unterhaltung
Was von Frauen kommt, wird schnell als Unterhaltungsliteratur abgetan, sagt die Übersetzerin und Verlegerin. "Das verkauft sich zwar ganz oft wahnsinnig gut, wird aber nicht so in der Kritik ernst genommen." Das habe viel damit zu tun, dass unter ernsthafter Literatur etwas sehr männliches verstanden wird, meint Zoë Beck, darum würden da auch männliche Themen abgefeiert. Dabei sei es gar nicht so schwer, weibliche Stimmen zu Wort kommen zu lassen: "Mit unserem Verlag schauen wird, was international am interessantesten ist - und das kommt sehr, sehr häufig von Frauen."
Nun ist also Sally Rooney da und zeigt mit ihrem Buch, wie weibliche Themen auch die an Männer gewöhnten Kritiker begeistern können. Ganz ohne das Label "Frauenunterhaltung". Natürlich gebe es aber immer noch Kritiker, die sagen: Eine Frau erzählt von ihrem Leben, das ist viel zu seicht. "Aber Entschuldigung, wie viele Romane von Männern gibt es, die über Beziehung schreiben, und dann wird gesagt, wie einfühlsam die sind."