RusslandWofür der russische Oppositionspolitiker Nawalny steht
Auf den ersten Blick scheint es einfach zu sein: Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist gegen Wladimir Putin und gegen Korruption. Aber wofür steht er? Das ist schon schwieriger zu beantworten. Teile der Antwort umfassen auch Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit, wie unser Korrespondent berichtet.
Zehntausende haben am 23.01.2020 in Russland für die Freilassung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny demonstriert. Nachdem er sich zuvor wegen einer Vergiftung mit dem chemischen Kampfstoff Novichok in Deutschland hatte behandeln lassen, war er nach Russland zurückgekehrt und rechnete offenbar mit seiner Verhaftung. Für den Anschlag sind mit großer Wahrscheinlichkeit der russische Geheimdienst und damit mittelbar auch Wladimir Putin verantwortlich.
Am 19.09.2021 wird in Russland gewählt. Vollständig freie und geheime Wahlen haben während der 21-jährigen Herrschaft Wladimir Putins in Russland wohl nicht stattgefunden. Seit Jahren wartet Alexej Nawalny auf die Zulassung seiner Partei "Russland der Zukunft", erinnert Thielko Grieß, Dlf-Korrespondent für Russland.
"Nawalny, denke ich, wird weiter in Haft bleiben. Er selber hat auch nicht gesagt, dass er bei den Parlamentswahlen antreten will."
Nach seiner Verhaftung am 17.01.2021 hatte Alexej Nawalny noch ein Video veröffentlichen lassen, mit dem er ausführlich ein umfassendes Korruptionssystem in Russland offenlegen möchte. Korruption und deren Bekämpfung sei für ihn in der jüngeren Vergangenheit das bestimmende Thema, sagt Thielko Grieß: "Hauptsache, am Ende steht folgendes Fazit für ihn – Putin verliert, und Putins Partei verliert, das ist ihm am wichtigsten."
"In den letzten Monaten redet er eigentlich nur über Anti-Korruption und nicht mehr über viele andere Punkte."
Als Ergebnis dieses Systems präsentiert der Politiker in dem Video Drohnenaufnahmen einer wahrhaft gigantischen Palastanlage, beschreibt die Einrichtung und Funktion und schreibt schließlich die Prunk-Immobilie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu. Dieser hat inzwischen persönlich dementiert, Eigentümer der Anlage am schwarzen Meer zu sein.
Fokussiert auf Innenpolitik
Überhaupt konzentriere sich Alexej Nawalny auf innenpolitische Themen und seinen Intimfeind Wladimir Putin, sagt Thielko Grieß.
"Nach dem Anschlag im August, den Nawalny zurückführt auf Wladimir Putin, ist die ganze Sache tatsächlich noch persönlicher geworden."
Thielko Grieß stellt fest, Alexej Nawalny passe nicht ins deutsche Parteienmuster. Er wolle Mehrheiten gegen Wladimir Putin für sich gewinnen und sei überzeugt, diese nicht mit feelgood-Themen erreichen zu können.
Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus
Unser Korrespondent erinnert daran, dass Alexej Nawalny in der Vergangenheit sogenannte russische Märsche mitorganisiert hat. Sie richteten sich durchaus an nationalistische Gruppierungen. Aus der liberalen Sammelpartei Yabloko sei der Oppositionspolitiker 2007 wegen dieses Nationalismus ausgeschlossen worden. In diese Zeit fallen laut Thielko Grieß auch fremdenfeindliche Äußerungen. Im Vielvölkerstaat Russland mit einer Vielzahl von Gastarbeitern, auf russisch Гастарбайтер, sei das ein schwieriges Thema.
"Er hat zugespitzt gesagt, Russland gehöre den Russen."