Aufklärungskampagne "Rumours about Germany""Eine Lösung wird damit nicht erreicht"
Jeder Flüchtling bekommt in Deutschland ein Haus und 2000 Euro Begrüßungsgeld - mit solchen Gerüchten locken Schleuser Flüchtlinge an. Das Auswärtige Amt will diese Gerüchte mit einer Internetseite aus der Welt räumen. Für Günther Burkhardt von Pro Asyl ist das nur eine Verschwendung von Steuergeldern.
Manche Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, kommen mit den größten Hoffnungen hierher. Vor allem die Schlepperbanden nutzen die Not der fliehenden Menschen aus und locken sie mit absurden Unwahrheiten. Mit "Rumours about Germany" hat das Auswärtige Amt jetzt eine Seite ins Netz gestellt, die die Gerüchte aus der Welt räumen soll.
Die Lügen der Schlepper
- Das Schiff für die Überfahrt ist sehr groß und hat einen Pool und ein Kino.
- Deutschland hat für über 800.000 Flüchtlinge alleine aus Afghanistan Platz.
- Wir haben über 25 Jahre Erfahrung, und die Überfahrt nach Europa ist hundert Prozent legal und erfolgreich.
- Die großen deutschen Unternehmen brauchen ständig neue Arbeitskräfte. Deshalb nimmt Deutschland täglich 5000 Migranten auf.
- Jeder Flüchtling erhält in Deutschland 2000 Euro Begrüßungsgeld.
- Jeder Flüchtling bekommt ein Haus in Deutschland.
- ... und wenn es dir in Deutschland nicht gefällt, geben sie dir einfach ein Visum für Kanada.
(Quelle: rumoursaboutgermany.info)
Mit der Homepage baut das Auswärtige Amt seine gleichnamige Kampagne aus, die es bereits seit zwei Jahren - vor allem im Ausland - gibt. In Afghanistan gab es zum Beispiel eine Plakataktion, die die Gerüchte über Deutschland eindämmen sollte.
"Die Seite gibt's auf Englisch, Arabisch und Französisch und richtet sich an Menschen, die mit dem Gedanken spielen, nach Deutschland zu kommen, schon unterwegs oder vielleicht auch schon hier sind."
Die Homepage ist insgesamt sehr übersichtlich aufgebaut - mit vielen leicht verständlichen Fragen, etwa: Bist du sicher, dass du dein Land verlassen willst? Werden deutsche Behörden dir einen Job vermitteln? Sind deutsche Universitäten für alle offen? Wirst du nach zwei Stunden auf einem Schlauchboot gerettet? Auf jede der Fragen gibt es Antworten oder, wie im Fall der Lügen der Schlepper, eine Klarstellung.
Aufklärung oder Abschreckung?
Offiziell, sagt unsere Reporterin Rahel Klein, will das Auswärtige Amt Schleusern nicht die Informationshoheit im Netz überlassen und die Gerüchte eindämmen. "Bei manchen Fragen und Antworten", sagt Rahel, "hatte ich schon den Eindruck, da geht's auch um Abschreckung." Zum Beispiel bei der Frage: Gibt dir die Regierung Geld zum Leben?
"Man hätte auch "Ja, aber..." sagen können. Aber es heißt erst mal "Nein" - und das hat natürlich einen ganz anderen Effekt. Das ist mir bei mehreren Fragen aufgefallen."
Pro Asyl kritisiert die Kampagne
Zu dem Thema haben wir auch mit Günther Burkhardt von der Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl" gesprochen. Er ärgert sich über "Rumours about Germany": "Ich bezweifele, dass man mit so einer Seite überhaupt eine Wirkung erzielt. Das ist, salopp formuliert, eine Verschwendung von Steuergeldern". Burkhardt stört vor allem, dass keine Lösungen angeboten werden. Zum Beispiel bei der Einreise: Kein Flüchtling habe eine Chance, legal nach Deutschland zu kommen, um ein Visum zu beantragen.
"Die Seite gaukelt ja vor, es gäbe legale Möglichkeiten. Wo sind sie denn für Syrer, die vor dem Krieg geflohen sind? Wo die Ehefrau oder der Ehemann noch in Syrien ist?"
Wer kein Bleiberecht hat, muss Deutschland sofort verlassen - so steht es auf der Homepage. Richtig ist, so Burkhardt, dass Flüchtlinge gute Chancen haben, ein Bleiberecht gerichtlich zu erwirken. Auch das verschweige die Seite, sagt er. Überhaupt: Wer vor Krieg oder Terror fliehe, der lasse sich nicht durch die Lügen von Schleppern zur Flucht verführen. Die Not sei der Grund, warum Menschen ihr Heimatland verlassen.
"Diese Menschen halte ich nicht von so einem gefährlichen Weg ab, indem ich die Lügen der Schlepperindustrie darstelle."
Viele der Flüchtlinge, die auf dem Weg nach Europa sind, haben Smartphones und sind oft sehr gut über ihre Chancen informiert, meint Burkhardt. Sie kommen nicht wegen irgendwelcher Gerüchte, sondern gehen oft dorthin, wo Verwandte und Bekannte sind, sagt er. Burkhardt fordert: Die Politik muss die Fluchtrouten sicherer machen.
"Sie haben nur die Chance, illegal zu kommen. Die Forderung von uns heißt: Legale Wege öffnen, den Familiennachzug ermöglichen, an Europas Grenzen faire Asylverfahren garantieren."