Römisch-deutsches KaiserreichDie Krönung von Otto I.
Im Jahr 962 wird Otto der Große in Rom vom Papst zum Kaiser gekrönt. Seine Krönung gilt vielen als die Geburtsstunde des später sogenannten "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation".
2. Februar 962: Der sächsische Herzog Otto, seit 936 ostfränkischer und seit 951 auch italienischer König, ist in Rom eingetroffen. Papst Johannes XII. krönt ihn an diesem Tag zum zweiten römisch-deutschen Kaiser.
Beginn der deutschen Geschichte
Otto der Große übernimmt damit das Erbe Karls des Großen. Karl, der König der Franken, war am ersten Weihnachtstag 800 schon vom damaligen Papst Leo III. gekrönt worden. Nach seinem Tod war sein Reich aber zerfallen. Otto greift bewusst auf diese Kaiserkrönung zurück und belebt das Kaisertum wieder. Seine Krönung gilt als die Geburtsstunde des später sogenannten "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation".
Neben Otto I. wird übrigens auch seine Frau gesalbt und gekrönt – ein absolutes Novum: Adelheid ist fortan ihrem Ehemann im Rang gleichgestellt.
Kirchliche Legitimation der Herrschaft
Mit Otto wird eine politische Theorie des frühen Mittelalters reaktiviert. Die wird auf einige Bibelstellen begründet, in denen geschrieben steht, dass die Erde zum Untergang verdammt sei, wenn das vierte Weltreich unterginge.
Das Babylonische Reich war etwa 540 v. Chr. untergegangen, das persische Großreich folgte 330 v. Chr., als es von Alexander dem Großen erobert wurde. Dessen griechisches Reich endete etwa 170 v. Chr. und wurde vom Römischen Reich abgelöst, das im Westteil des Reichs 475 von den Germanen besiegt wurde.
In der mittelalterlichen Vorstellungswelt sollte der Weltuntergang dadurch verhindert werden, dass das letzte Reich nicht "untergegangen", sondern auf Kaiser Karl "übertragen" worden sei ("Translatio Imperii"). Bei Otto und seinen beiden Nachfolgern gleichen Namens wird diese Vorstellung fortgeführt, in dem sie das Reich "erneuern", also ebenfalls vor dem Untergang bewahren ("Restauratio Imperii").
Damit ist eine Verbindung hergestellt zwischen dem ostfränkischen Reich, wo heute unter anderem Deutschland zu finden ist, und dem nördlichen Teil Italiens einschließlich des Kirchenstaats. Deswegen sitzen auf dem deutschen Kaiserthron bis zum Ende des "Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation" 1806 "römisch-deutsche" Kaiser.
Der Namenszusatz "deutscher Nation" ist für einige Historiker ein Zeichen dafür, dass mit der Krönung Ottos des Großen die Geschichte eines deutschen Staates beginnt. Für andere steht da eher die Gründung des Kaiserreichs 1871 im Vordergrund. Die Nationalsozialisten verwendeten beide Daten und leiteten daraus das "Dritte Reich" ab.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Bonner Historiker Matthias Becher beschreibt den sächsischen Herzog Otto, der 962 zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt wird.
- Der Mittelalter-Experte Ludger Körntgen von der Universität Mainz erklärt, welche Bedeutung die Ottonen für die Geschichte des europäischen Mittelalters haben.
- Der ehemalige Leiter des städtischen Kulturdezernats von Magdeburg Matthias Puhle geht den Spuren Ottos in der Stadt Magdeburg nach.
- Deutschlandfunk Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld berichtet über die Anfänge des römisch-deutschen Kaisertums im 9. und 10. Jahrhundert.
- Deutschlandfunk Nova-Reporter Benedikt Schulz schildert die Umstände der Krönung Ottos Anfang Februar 962 in Rom.