HirnforschungRisikoeinschätzung: Weniger Angst durch mehr Informationen
Mit der Menge der Informationen, die wir über etwas erhalten, kann unsere Angst davor, ein potenzielles Risiko einzugehen – zum Beispiel mit einem Heißluftballon zu fliegen, – abnehmen. Das zeigt eine aktuelle US-amerikanische Studie.
Manchen von uns erscheint es wie eine existenzielle Bedrohung, andere von uns empfinden Flugangst, Höhenangst oder eine Spinnenphobie als völlig irrational. Statistisch gesehen sollten wir uns tatsächlich mehr vor dem Autoverkehr fürchten als vor dem Fliegen, da es laut Statistischem Bundesamt deutlich sicherer ist.
Die Urangst von uns allen ist Kontrollverlust, sagt der Neurowissenschaftler Henning Beck. Oftmals neigen wir zu einer irrationalen Furcht, führt er aus, denn viele von uns hätten eher Angst davor, aus einer Höhe von 100 Metern zu fallen als aus einer Höhe von 50 Metern. Dabei einen Unterschied zu machen, ist irrational, sagt Henning Beck, weil wir in beiden Fällen tot wären, wenn wir herunterfallen würden.
"Tatsächlich bin ich eher ein sehr risikofreudiger Mensch und musste in meinem Leben leidhaft erfahren, dass das durchaus Nachteile haben kann."
Auch wenn es die Urangst des Kontrollverlustes gibt, hängt unsere Angst vor einem Risiko davon ab, wie gut wir uns mit dem, was wir als riskant einstufen, auskennen. Wie viel Informationen wir darüber besitzen, ist dabei entscheidend: Wie gefährlich beispielsweise eine bestimmte Achterbahn tatsächlich ist oder wie oft ein Flugzeugabsturz tatsächlich passiert. Das zeigt eine aktuelle Studie der University of California San Diego.
Genaue Informationen bieten die Möglichkeit, Situationen besser einzuschätzen
Die Ergebnisse aus dieser Studie lassen sich auch auf andere Bereiche in unserem Leben übertragen, sagt der Neurowissenschaftler Henning Beck. Egal, ob wir uns vor dem Klimawandel, Krieg, Corona oder einer Inflation fürchten. Aufgabe der Politik sei es, möglichst viele und genaue Informationen zu liefern, sagt der Neurowissenschaftler. Dadurch können wir Probleme besser einschätzen und hegen bestenfalls weniger oder keine irrationalen Ängste.
Aber auch bei alltäglichen Entscheidungen ist es wichtig, nicht zu viele, aber auch nicht zu wenige Informationen zu haben. Beispielsweise, wenn wir uns eine neue Waschmaschine kaufen wollen. Ein ausreichendes Maß an Information gibt uns das Gefühl, dass wir genug wissen, um die Situation gut einschätzen und damit auch die richtige Entscheidung treffen zu können.
"Je mehr sich Menschen im Laufe der Zeit damit auskennen, desto besser schätzen sie ein Risiko ein, und desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie noch Angst davor haben."
Ein Prinzip, dass sich auch in einer gewissen "Seuchenpsychologie zeigt, sagt Henning Beck, und meint damit unseren Umgang mit der Corona-Pandemie. Anfangs war die Situation neu und ungewohnt, wodurch die meisten von uns freiwillig Masken aufgesetzt, unsere Mobilität eingeschränkt und die Inzidenzstatistiken genauer verfolgt haben, sagt der Neurowissenschaftler. Inzwischen hat sich die Mehrheit der Menschen an die Situation gewöhnt, das Risiko scheint geringer, dadurch tragen beispielsweise viele von uns seltener eine Maske, wenn wir die Wahl haben.