RiesenschlangenPythons lebten einmal in Deutschland – zusammen mit Boas

Pythons und Boas galten lange als Konkurrenten, die nur in getrennten Ökosystemen überleben können. Millionen Jahre alte Fossilien belegen aber das Gegenteil: Beide Schlangenfamilien haben einmal in Deutschland zusammengelebt.

Pythons und Boas kennen wir aus den Tropen. Die Würgeschlangen haben eines gemeinsam: Beide zählen zu den Riesenschlangenarten. Mit ihren knapp acht Metern war der Netzpython das längste Exemplar ihrer Schlangenfamilie, das jemals eingefangen wurde. Ihr gegenüber steht die Boa constrictor mit einer Länge von 3,60 Meter.

In den Tropen leben sie heute getrennt voneinander. Pythons kommen etwa in Afrika, Süd- und Südostasien und Australien vor. Boas leben wiederum in Südamerika und Madagaskar.

"Beide Riesenschlangenarten kommen ausschließlich in den Tropen vor und sind dort streng voneinander getrennt."
Mario Ludwig, Biologe

Die Wissenschaft ist aufgrund von Genvergleichen an lebenden und fossilen Tieren lange davon ausgegangen, die Vorfahren der beiden Riesenschlangenarten hätten sich vor ungefähr 40 Millionen Jahren getrennt und anschließend separat voneinander weiterentwickelt.

Unklar ist allerdings, wie es zu der Trennung kam. Expertinnen und Experten haben bislang angenommen, die Pythons hätten sich auf dem ehemaligen Superkontinenten Gondwana entwickelt, der einmal Südamerika, Afrika, Antarktika, Australien, Arabien, Madagaskar, Neuguinea und Indien miteinander verbunden hat.

Deutschland als Wiege der Python

Der Fund eines Fossils stellte diese Annahmen Ende 2020 aber auf den Kopf. Danach scheint Deutschland die Wiege der Pythons zu sein, sagt Biologe Mario Ludwig. In der Grube Messel bei Darmstadt hat man ein etwa 47,5 Millionen Jahre altes Fossil eines knapp ein Meter langen Pythons gefunden – der Messelopython freyi ist der weltweit älteste Python.

Das 47,5 Millionen Jahre alte Fossil einer Python wurde bei Darmstadt gefunden.

Das bedeutet: anders als vermutet, sind die Pythons nicht auf Gondwana entstanden, sondern auf dem Ur-Kontinenten Laurasia, der weiter nördlich lag. Aus dieser Landmasse hat sich später Europa geformt.

Pythons und Boas teilten sich Lebensraum

Der Fund des Fossils der Python in der Grube Messel zeigt auch, dass die beiden Riesenschlangenarten dort einmal zusammengelebt haben. Weitere fossile Funde haben deutlich gemacht, dass Pythons und Boas wie die ausgestorbene Gattung Eoconstrictor fischeri dort in einem Ökosystem gelebt haben. Das widerspricht auch der These, beide Schlangenfamilien würden sich keinen Lebensraum teilen können, weil sie miteinander konkurrieren. Weiter unklar ist noch, warum sich die Pythons und Boas einmal aufgeteilt haben.

Im Besucherzentrum des Unesco Welterbe "Grube Messel" läuft zu der Geschichte der beiden Schlangenarten bis Oktober 2021 eine Sonderausstellung.