Resilienz am ArbeitsplatzWas Teams stark gegen Stress macht

Corona war so etwas wie ein gigantischer kollektiver Labortest: Wie kommen Arbeitsteams mit Widrigkeiten klar? Die Antwort: sehr, sehr unterschiedlich! Woran liegt das? Welche Faktoren tragen dazu bei, dass Teams gut durch Krisen kommen, dass es den Mitarbeitenden dann trotzdem gut geht, dass die Arbeit dennoch erledigt wird? Darüber sprechen in dieser Hörsaal-Folge die Resilienzforscher*innen Silja Hartman und Matthias Weiß.

Ob Teams am Arbeitsplatz gut mit Krisen umgehen können, liegt nicht allein an den einzelnen Team-Mitgliedern und wie resilient die sind, sagen Silja Hartmann und Matthias Weiß. Ein Arbeitgeber sollte also nicht nur auf die Resilienz der Mitarbeitenden setzen, sondern auch einen Kontext dafür schaffen.

"Es reicht nicht aus, nur zu sagen: Mitarbeiter*innen müssen resilient sein, sondern man muss auch als Organisation was dafür tun, dass diese Grundstrukturen überhaupt geschaffen werden, dass sich Resilienz im Unternehmen entfalten kann."
Silja Hartmann, erforscht Resilienz am Arbeitsplatz

Silja Hartmann und Matthias Weiß erforschen schon seit Jahren Resilienz am Arbeitsplatz, ein noch recht junges Forschungsfeld. Sie wollen Faktoren finden, die bestimmen, ob und wie einzelne Mitarbeitende und Teams als Kollektiv mit Rückschlägen, Problemen oder auch einschneidenden Ereignissen umgehen, wie etwa dem Tod eines Kollegen oder einer Kollegin.

Resilienz-Strukturen brauchen Raum und Zeit

Wichtige Faktoren dafür seien zum Beispiel soziale Unterstützung und gute Beziehungen zwischen den Teammitgliedern, haben sie herausgefunden. Auch Empathie und positive Emotion spielten etwa eine Rolle – wobei das nicht heißen dürfe, Negatives auszublenden, erklären sie im Vortrag.

"Resilienz-Strukturen kann ich nicht von heute auf morgen installieren. Aber die Krise kommt von heute auf morgen in den allermeisten Fällen!"
Matthias Weiß, erforscht Resilienz am Arbeitsplatz

Resilienz begreifen die beiden dabei auch nicht als Eigenschaft per se, sondern als Prozess. Und der brauche eben Zeit und auch Engagement – und dementsprechend auch Investitionen des Unternehmens und Engagement der Führungskräfte.

"Wann ist ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin am leistungsfähigsten? Wenn sie gesund sind und wenn sie motiviert sind. Und das kann ich nicht erreichen, wenn ich immer nur kurzfristig das Maximum rausquetschen will."
Matthias Weiß, erforscht Resilienz am Arbeitsplatz

Die Resilienzforschung im Arbeitsbereich sieht sich häufig dem Vorwurf ausgesetzt, es ginge dabei nur darum, die größtmögliche Leistung der Angestellten rauszukitzeln. Silja Hartmann und Matthias Weiß weisen das von sich – Effizienz und Resilienz sind ein stückweit sich entgegenstehende Pole, zeige alle Forschung, und da müsse eine Balance gefunden werden. Das Wohlbefinden der Menschen ist ein Wert an sich – er zahle sich aber tatsächlich auch für den Arbeitgeber aus.

"In schwierigen Situationen ist es vielleicht dann doch im ersten Schritt wichtiger, aufs Team zu gucken, aufs Wohlbefinden zu gucken. Wie gehe ich mit der Situation um? Wie kann ich das eigentlich überhaupt als Mensch aushalten? Wie können wir das als Team aushalten?"
Silja Hartmann, erforscht Resilienz am Arbeitsplatz

Kurzfristige Leistungsmaximierung ist nämlich schlicht nicht nachhaltig, sagt Matthias Weiß. Man müsse zurücktreten vom effizienzmaximierenden Gedanken, der lange Zeit vorgeherrscht habe.

Das komme auch nicht "nur" den Mitarbeitenden zugute, sondern sei langfristig auch lohnend für das Unternehmen – denn die nächste Krise, die gemeistert werden muss, die kommt ganz bestimmt.

Dr. Silja Hartmann arbeitet als Postdoc an der Professur für Organisation der Freien Universität Berlin. Ihr zentraler Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Thema Resilienz am Arbeitsplatz. Matthias Weiß ist Professor für Innovationsmanagement am Centrum für Entrepreneurship, Innovation und Transformation (CEIT) der Ruhr-Universität Bochum. Er konzentriert sich auf die Auswirkungen von Belastungen und Rückschlägen Im Innovationsprozess. Ihre Forschung zum Thema haben sie gemeinsam im Rahmen des Resilienz-Kongresses 2022 am 14. März 2022 vorgestellt. Moderiert hat dabei der Gründer und Veranstalter des Kongresses, Sebastian Mauritz, selbst Resilienz-Trainer und Coach.