Doku-Projekt "Driving Europe"Raus aus der Blase – Reisen ins echte Europa

Ina, Felix und Tim haben ihre WG auf vier Räder verlegt: In ihrem Bus Oswald touren sie durch alle Länder Europas, um mit den Menschen über den Zustand der EU zu sprechen. Aus der Interview-Reise soll ein Dokumentarfilm entstehen.

"Wie steht es mit der Europäischen Union?", haben sich Ina Bierfreund, Felix Hartge und Tim Noetzel gefragt. Die drei wohnten gemeinsam in Hamburg in einer WG, waren neugierig auf Europa und besorgt wegen des wachsenden Populismus unter den Europäern. Kurzerhand beschlossen sie, aus ihrer Hamburger Studentenblase auszubrechen und in das echte Europa einzutauchen, erzählt Felix im Weltempfänger-Interview. Sie kündigten die Wohnung, kauften sich einen Sprinter, tauften ihn auf den Namen Oswald und bauten ihn als WG auf vier Rädern aus.

"Driving Europe" heißt ihr Projekt, das sie in einem Blog dokumentieren. Im September ging es los, jetzt sind sie gerade in Rumänien, wo es so bitterkalt ist, dass sie statt im (noch) ofenlosen Oswald vorübergehend privat wohnen, berichtet Ina.

Quer durch Europa auf der Suche nach Antworten: Wie kommen wir zu einer besseren EU?

Ihr Ziel ist es, bis zu den Europawahlen alle 28 EU-Staaten bereist zu haben – oder zumindest Menschen aus allen Mitgliedsländern zu interviewen. Von ihnen wollen sie wissen, was sie über die EU denken: Was finden die Menschen gut an der Europäischen Union, was schlecht? Wie spüren sie die EU in ihrem eigenen Leben? Und was wünschen sie sich von der Europäischen Union, wie sieht ihr EU-Idealbild aus? Am Ende, so Ina, wollen sie gemeinsam eine Antwort auf die Frage finden: Wie kommen wir zu einer besseren EU?

"Die meisten waren wirklich sehr offen, haben einen direkt herzlich aufgenommen und gern auch über die EU geredet."
Felix Hartge (23) vom Projekt "Driving Europe"

Ihre Interviewpartner finden sie über alte Schul- oder Studienkontakte, über Bekannte oder sie sprechen sie einfach so an, klingeln an Türen, knüpfen über den Gartenzaun Kontakte oder auf dem Parkplatz. Sie suchen dafür nach jungen und alten Menschen quer durch alle Schichten. Das funktioniert bisher ziemlich gut, erzählen Ina und Felix. Meistens seien die Menschen sehr offen und sprächen gerne mit ihnen über Europa.

So wie Ilja aus Bulgarien zum Beispiel, der dafür plädiert, dass Bildung gerechter verteilt sein müsste. Oder Uwe aus Rumänien, der ebenfalls betont, dass vor allem Bildung sehr wichtig sei.

"Nur mit einer guten Bildung kommt man zu einer besseren EU."
Ilja, rumänischer Interviewpartner des "Driving Europe"-Teams

Und – etwas überraschend in Zeiten des Brexits - ausgerechnet ein Brite, der Neu-Rentner Andy, wünscht sich eine Art "United States of Europe" mit einer zentralen europäischen Regierung und einem starken Präsidenten. Die Älteren verbinden mit Europa oft Frieden, erzählen Felix und Ina, die Jüngeren schätzen an Europa eher die Reisefreiheit und den Euro.

Aber die Tour besteht nicht nur aus dem Interview-Projekt. Sie soll auch eine Reise sein. Denn eine Hauptmotivation, so Felix, war es, Europa ein bisschen besser kennenzulernen. Und so nimmt die rollende WG sich auch die Zeit, Orte und Menschen ganz persönlich zu entdecken. Bei Kaffee und Keksen kommt man sich näher – und es gibt auch schon Einladungen, bald wiederzukommen, berichtet Ina.

"Viele der Begegnungen sind sehr schön, von denen nimmt man sehr viel mit, auch Persönliches."
Ina Bierfreud (24) vom Reise- und Dokuprojekt "Driving Europe"

Umgekehrt wollen sie alle Interviewpartner zur Premiere ihres Dokumentarfilms einladen. Alle sollen ihn sehen und dabei auch untereinander ins Gespräch kommen. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit. Noch bis Mai sind Ina, Felix und Tim mit Oswald unterwegs. Von Rumänien aus geht es als nächstes weiter Richtung Polen, in die baltischen Staaten und dann nach Skandinavien. Ihre Doku soll dann im September Premiere feiern.

Übrigens: "Driving Europe" sucht noch Interviewpartner aus Zypern und Malta, mit denen sie sprechen können (Stand 16.02.2019). Sachdienliche Hinweise könnt Ihr über das Blog geben oder an Deutschlandfunk Nova unter mail@deutschlandfunknova.de – wir leiten eure Tipps dann weiter.