Reiche immer reicherBrauchen wir eine Vermögenssteuer für Superreiche?

100 Millionen US-Dollar Finanzvermögen: So viel müsstet ihr besitzen, um als superreich zu gelten. Krass viel Geld. Dennoch ist die Zahl der Superreichen 2023 gewachsen, ebenso ihr Vermögen. Es stellt sich die Frage: Warum gibt es keine Vermögenssteuer in Deutschland? Es gab schonmal eine.

Superreich: Um statistisch dazu zu gehören, müssen Menschen 100 Millionen US-Dollar Finanzvermögen haben, etwa in Form von Bargeld, Aktien oder auch Investmentfonds. Das Vermögen dieser Superreichen stieg 2023 um 10 Prozent: Das heißt, sie besaßen zehn Millionen US-Dollar mehr als noch 2022.

73.000 Superreiche weltweit - Deutschland auf Platz drei

Weltweit gibt es über 70.000 Superreiche, davon leben in Deutschland rund 3.300. "Sie besitzen jetzt schon ein knappes Viertel des gesamten Finanzvermögens in Deutschland mit stark steigender Tendenz", sagt der Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven. Wer wie reich ist, dazu liefert der Global Wealth Report 2024 der Unternehmensberatung Boston Consulting Group Hinweise. Der komplette Bericht in Englisch ist hier abrufbar.

"2023 gab es rund 70.000 Superreiche weltweit. Die meisten von ihnen leben in den USA, dann China, gefolgt von Deutschland."
Klickt auf Play für das ganze Gespräch zum Global Wealth Report mit Ann-Kathrin Horn aus den Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten

In der Analyse werden mehrere Gruppen unterschieden. Die Superreichen – mit einem Vermögensplus von 10 Prozent in 2023. In der Vermögenspyramide folgt dann die Gruppe jener, die zwischen ein und fünf Millionen US-Dollar Finanzvermögen besitzen. Sie verbuchten ein Plus von 5 Prozent. Die größte Gruppe sind die, die zwischen null und bis zu 250.000 US-Dollar besitzen. Hier lag der Zuwachs bei 1,5 Prozent – und damit unter der Inflationsrate.

Das bedeutet, dass besonders die Reichen profitierten. "Das liegt einfach daran, dass die risikoreicher investieren können", sagt Nicolas Lieven, "die stecken ihr Geld in Aktien, in Fonds und in Anleihen." Wer reich ist, kann auch ein größeres Risiko eingehen. "Die können es sich erlauben, dass ein Ausrutscher passiert", so der Wirtschaftsjournalist. Menschen mit weniger Geld nicht.

"Alle Reichen haben 2024 profitiert. Je mehr Vermögen, desto größer der Gewinn."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Im Kontext der Vermögensverteilung wird immer wieder über eine Vermögenssteuer diskutiert. 62 Prozent der Deutschen finden eine Vermögenssteuer gut, so eine aktuelle Forsa-Umfrage für den Stern. Und zwar: "Laut dieser Umfrage nicht nur für Superreiche , sondern für alle, die ein Vermögen von mehr als einer Million Euro haben", sagt Nicolas Lieven.

In Deutschland gab es schon einmal eine Vermögenssteuer, die 1997 auf Eis gelegt wurde. Die Steuer lag damals bei 1 Prozent. "Wenn wir die durchgezogen hätten, dann wären 380 Milliarden geflossen", sagt Nicolas Lieven. Das Modell für eine neue Vermögenssteuer könnte aber auch 2 Prozent umfassen oder 5 Prozent für Milliardäre. "Dann liegen die Einnahmen zwischen 20 und 85 Milliarden Euro pro Jahr." Im Vergleich: Der Bundeshaushalt liegt bei 480 Milliarden Euro.

Erfahrungen zeigen, dass die Reichen bleiben

Kritiker*innen einer Vermögenssteuer sagen, dass Reiche dann abwandern könnten. Eine Studie des Berliner Netzwerks Steuergerechtigkeit zeigt, dass es nicht so einfach ist, ins Ausland zu gehen und quasi alles Vermögen mitzunehmen. Denn auch dann fallen Steuern an. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen auch, dass Reiche dann nicht im großen Stil abwandern. Eine Vermögenssteuer gibt es in Frankreich, Luxemburg , Norwegen, in Spanien und der Schweiz.

Der Vorwurf lautet teils auch, dass die Debatte eine Neid-Debatte sein. Für Nicolas Lieven ist das ein Todschlagargument.

"Arbeit wird noch mehr besteuert, als wenn ich Geld anlege."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

In der Diskussion gehe es auch um Gerechtigkeit. In Deutschland wird Arbeit in Relation höher besteuert als Geldanlagen. Normalverdiener*innen haben kaum Chancen, Geld zur Seite zu legen und in Aktien anzulegen.