Rechtsanwalt Onur Özata"Opfer-Beteiligung im Strafprozess wird oft als lästig angesehen"
Onur Özata vertritt vor Gericht immer wieder Opfer rechtsextremer oder rassistischer Straftaten und deren Angehörige. Dazu gehören auch Überlebende der Nazi-Zeit. Diesen Menschen werde immer noch nicht genügend zugehört, kritisiert er. Es gebe aber auch Grund zur Hoffnung.
"Ich bin im Prozess das Sprachrohr der Betroffenen", sagt Onur Özata. Der Berliner ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Momentan ist er unter anderem am Landgericht Itzehoe an einem wichtigen und aufsehenerregenden Prozess beteiligt. Es wird gegen eine ehemalige Sekretärin des Lagerkommandanten vom Konzentrationslager Stutthof verhandelt. Ihr wird Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen vorgeworfen. Dabei geht es auch um die Klärung der grundlegenden juristischen Frage: "Inwiefern können wir Menschen aus diesen System, die nicht die Waffe abgedrückt oder das Gas eingeleitet haben, einen strafrechtlichen Vorwurf machen?"
"Es geht um viel. Und mit dieser Verantwortung geht man da auch rein."
Onur Özata vertritt dabei drei Überlebende des Konzentrationslagers. "Dass die Opfer, die noch nie vor einem deutschen Gericht gehört wurden, das nun tun – ist ihnen wahnsinnig wichtig", sagt der Rechtsanwalt. "Das, was ihnen angetan wurde, soll nicht vergessen werden." Deswegen muss über diese Verbrechen besonders auch im Gerichtssaal gesprochen und geurteilt werden.
Opfern muss zugehört werden
Immer wieder setzt sich Onur Özata besonders für Opfer ein. Er war Vertreter von Hinterbliebenen, die gegen den Buchhalter von Auschwitz klagten. Ebenfalls war Onur Özata am Prozess gegen den Mann beteiligt, der dem Münchener Attentäter vom Olympia Einkaufszentrum eine Waffe verkaufte. Der Attentäter hat 2016 zuerst neun Menschen und dann sich selbst erschossen.
"Ich vertrete die Interessen meiner Mandanten, aber ich verteidige auch den Rechtsstaat."
Zu seiner Arbeit und Vorbereitung auf die Prozesse gehört es auch, den Menschen lange zuzuhören und ihre Geschichte zu verstehen. Erst dann kann er ihre Interessen auch wirklich vor Gericht vertreten. Das ist ein Job, der auch emotional sehr herausfordernd sein kann. "Dabei ist das, was der Anwalt erlebt, überhaupt nicht zu vergleichen mit dem, was die Opfer erlebt haben", sagt Onur Özata. Zum Glück gibt es aber auch Prozesse, in denen die Opfer sehr respektvoll behandelt und gehört werden.
"Ich glaube, wir machen gerade einen wichtigen Lernprozess in Deutschland durch. Sowohl die Justiz als auch die Gesellschaft."
Im Deep Talk spricht Onur Özata über seine Rolle als Sprachrohr der Opfer, warum Zuhören einer seiner wichtigsten Tätigkeiten ist und weshalb diese Prozesse so wichtig sind.