Rechtliche Absicherung von Hinweisgeber*innenNeues Gesetz zum Schutz von Whistleblowern
Ein neues Gesetz soll Whistleblower*innen davor schützen, Nachteile zu riskieren, wenn sie Missstände aufdecken. Dazu hat das Bundeskabinett nun einen Gesetzentwurf verabschiedet.
Der Entwurf für das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz widmet sich einem lang kritisierten Problem – nämlich, dass potentielle Whistleblower*innen Jobverlust und Repressalien im Job zu befürchten haben. Bislang war das Verhältnis zwischen Whistleblowing mit legitimer Absicht und der Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber ungeklärt.
Ein Whistleblowing-Gesetz ist schon lange überfällig
Genau dazu hatte die EU vor über zwei Jahren eine Vorgabe gemacht, die der jetzige Gesetzentwurf nun in Deutschland umsetzen soll. Endlich, muss man sagen - denn die Umsetzung kommt mit massiver Verspätung, betont Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter Michael Gessat.
"Internes Lösen ist meist schöne Theorie. Es wird eben doch regelmäßig so sein, dass es im Betrieben an vertrauenswürdigen Ansprechpartnern fehlt, dass eben doch Sachen unter den Tisch gekehrt oder beschönigt werden."
Eine nicht-institutionalisierte Lösungskultur innerhalb von Unternehmen funktioniert aller Erfahrung meistens nicht, sagt Michael Gessat. Meistens fehle es dann doch an Personen, denen Menschen, die Missständen ansprechen wollen, sich anvertrauen können, zudem am Willen, Dinge dann auch zu ändern und Kritiker*innen vor Nachteilen zu schützen. Genau das soll das Gesetz ändern.
Doppelstruktur: interne und externe Meldestellen
Firmen und Behörden über 50 Mitarbeitenden sollen laut dem Gesetzesentwurf nun dazu verpflichtet werden, interne Beschwerde-Meldestellen einzurichten, erklärt unser Netzreporter. Für die soll eine Verschwiegenheitspflicht gelten, um die Whistleblower*innen zu schützen. Bei Verletzung dieser Pflicht droht dann Strafe.
Außerdem soll eine zentrale externe Meldestelle für Bund und Länder eingerichtet werden. Dahin können sich Mitarbeitende wenden, wenn sie der internen Meldestelle ihres Unternehmens oder ihrer Behörde doch nicht vertrauen.
"Eine offene Beschwerde hat Vorrang bei der Bearbeitung vor anonymen Beschwerden – die sollen aber auch prinzipiell möglich sein."
Das Gesetz soll außerdem die Wege einer Beschwere regeln. Offene Meldungen sollen demnach vorrangig vor anonymen bearbeitet werden, um die Meldestellen vor einer Flut von anonymen Beschwerden zu schützen, erklärt Michael.
Und das Gesetz soll festlegen, in welchen Fällen überhaupt dieser Schutz vor negativen Folgen und Repressalien greifen soll: nämlich dann, wenn durch die Meldung eines Missstandes in Unternehmen oder Behörden "straf- oder bußgeldbewehrte oder sonstige Verstöße gegen die deutschen oder EU-Rechtsvorschriften offengelegt werden".
Kritik am geplanten Hinweisgeberschutz: Vorrang von Sicherheitsinteressen
Klingt erst mal gut in der Theorie – aber wie immer gibt es eine Haken, ergänzt Michael Gessat, und der wird schon von verschiedenen Seiten kritisiert: Im §5 des Gesetzentwurfs ist nämlich unter anderem festgelegt, dass der Hinweisgeberschutz nicht greift, wenn nationale Sicherheitsinteressen oder Informationen von Nachrichtendiensten betroffen sind.
"Ein deutscher Edward Snowden müsste sich auch weiterhin Sorgen machen", sagt deshalb beispielsweise die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Und der Grünen-Abgeordnete Till Steffen bezweifelt, ob etwa jemand, der rechtsextreme Chats von Polizeibeamt*innen aufdeckt, durch ein solches Gesetz hinreichend geschützt wäre.
Noch aber handelt es sich ja um einen Gesetzentwurf, sagt unser Netzreporter, es wird also im Bundestag und Bundesrat wohl noch Diskussionen darum geben und die Regelungen werden möglicherweise noch nachjustiert, bevor das Gesetz in Kraft tritt.
Alternative: Anonymes Whistleblowing im Netz
Wer den neuen Regelungen dann trotzdem nicht traut, der kann nach wie vor anonym im Internet auf Missbrauch aufmerksam machen, ergänzt Michael Gessat, sei es etwa bei Bürgerrechtsorganisationen oder über die Presse. Allerdings sollten sich potenzielle Whistleblower*innen vorab sehr genau informieren, rät er, damit ihre Anonymität nicht versehentlich doch ausgehebelt wird, etwa durch die Übermittlung von Informationen.