Rechtes NetzwerkAmazon will Parler von Clouddienst ausschließen
Nach dem Social-Media-Rauswurf von Präsident Trump hatte das soziale Netzwerk "Parler" kurzfristig sehr hohe Downloadraten. Nachdem Apple und Google die App aus ihren Stores entfernt haben, will der Cloudanbieter Amazon Webservices die Parler-Daten nun auch nicht mehr hosten.
Nachdem der amtierende US-Präsident Donald Trump bei Twitter, Facebook und Insta nicht mehr posten konnte, sind viele seiner Anhänger auf das soziale Netzwerk Parler ausgewichen. Kurzfristig avancierte die Plattform zur erfolgreichsten App im Apple App Store und im Google Play Store.
Plattform für rechte Gedanken
Parler hat etwa zehn Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Die Plattform wird von rechtskonservativen Investoren unterstützt und gilt als eine Art Anti-Twitter oder Anti-Facebook, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin Martina Schulte. Sie gilt als Plattform für QAnon-Anhänger und Ultrarechte, in der zum Beispiel auch gewaltverherrlichende Beiträge nicht moderiert werden.
"Nutzende dürfen dort alles schreiben, was die US-Verfassung erlaubt, sagen die Betreiber. Und das ist ziemlich viel: von A wie Antisemitismus über P wie Proudboys, von Q wie QAnon bis V wie Verschwörungsmythen."
Doch Parler werden gerade die Vertriebswege und die technische Grundlage entzogen: Nachdem sowohl Google als auch Apple die App kurzerhand aus ihren Stores geschmissen haben, teilte nun auch der Cloudanbieter Amazon Webservices mit, die Daten von Parler nicht länger hosten zu wollen.
Vertriebswege und technische Grundlage weg
Der Verlust des Webhosting-Vertrags bei Amazon sei auf jeden Fall ein schwerer Schlag, sagt unsere Netzreporterin. Laut Parler-Chef John Matze könnte das bedeuten, dass das Netzwerk bis zu einer Woche lang nicht funktioniert. Ob und wie es danach weitergeht, hängt davon ab, ob Parler nach der Kündigung durch Amazon einen neuen Host für seine Daten findet.
Der Angriff auf das US-Kapitol in Washington am 6. Januar sei auch über Apps wie Parler, Gab, "thedonald" oder 8kun organisiert worden, berichten US-amerikanische und internationale Medien.
Haltungswandel der Techfirmen
Das selbsternannte "Netzwerk für freie Rede" stelle "ein sehr reales Risiko für die öffentliche Sicherheit" dar, begründet Amazon nun die Abschaltung seiner Server für Parler. Zuvor war die Amazon-Leitung von den eigenen Mitarbeitern unter Druck gesetzt worden: Sie hatten Amazon auf Twitter aufgefordert, die Zusammenarbeit mit Parler zu beenden. Bei Apple und Google war das ähnlich - beide begründeten den Parler-Rausschmiss aus ihren Stores damit, dass dort weiterhin Beiträge gepostet würden, die darauf abzielten, zu Gewalt in den USA anzustacheln.
Vor dem Sturm auf das Kapitol und dem Machtverlust der Republikaner wollten es sich die großen Techfirmen auf keinen Fall mit der herrschenden Partei und mit Trump verderben, sagt unsere Netzreporterin. Nun aber hätten sie keine großen Repressionen mehr seitens der Republikaner zu befürchten.
"Die großen Techfirmen haben bisher Repressalien gefürchtet seitens der Republikaner. Und sie wollten auch die Verantwortung nicht übernehmen."
Bisher hätten sich die Techgiganten auch der Verantwortung entzogen, zu entscheiden, was auf ihren Plattformen gesagt werden darf und was nicht, findet Martin Schulte. Der Sturm auf das Kapitol und der Machtverlust der Republikaner seien jetzt aber eine entscheidende Zäsur. Plötzlich sei etwas in Gang gesetzt worden, was vorher offensichtlich nicht möglich war: ein entschiedenes Durchgreifen gegen Hetze, Fake News und Gewaltaufrufe.
Bewegung bleibt gefährlich
Parler-Nutzer können hoffen, dass die Plattform einen neuen Host findet. Sie können sich aber auch in andere Netzwerke wie 8kun oder Gab.ai zurückziehen oder weiterhin über geschlossene Gruppen bei Telegram oder anderen Messengern kommunizieren. Dass sie sich zwangsläufig immer mehr aus dem Mainstream-Netz entfernen müssen, macht die Bewegung mittelfristig zwar weniger sichtbar, aber nicht weniger gefährlich, so Martina Schulte.